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„Lebenswelten junger Muslime in Deutschland“ – reloaded
Einsichten und Perspektiven 4 | 16
Belgien geboren und aufgewachsen und damit europä-
ische Bürger. Viele Terroristen gehören der sogenannten
zweiten Einwanderungsgeneration an. Man könnte auch
sagen, sie sind nicht nur Ausgeschlossene, sondern auch
Einheimische.
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Ein Blick in die nationale und internationale Litera-
tur zeigt u.a., dass die muslimische Identität als domi-
nante Identifikation mit der Gemeinschaft der Muslime
16 Bei den Attentätern in Würzburg und Ansbach handelt es sich offenbar
um Flüchtlinge bzw. geduldete Asylbewerber.
anscheinend eine vermittelnde Rolle zwischen den vielfäl-
tigen makro-, meso- und mikrosozialen Bedingungen und
der Instrumentalisierung der Religion als Ideologie spielen
kann.
Um dies zu prüfen und zu illustrieren, wurde im Rah-
men einer Sekundäranalyse auf die oben schon erwähnte
telefonische Befragung junger Muslime in Deutschland
zurückgegriffen, die 2009 und 2010 durchgeführt wurde.
Abbildung 2: Fundamentalistische Überzeugungen in unterschiedlichen islamischen Glaubensrichtungen.
Quelle: Frindte/Boehnke/Kreikenbom/Wagner (wie Anm. 3)
Sunniten
Schiiten
Aleviten
Ahmadi
Ausmaß fundamentalistischer Überzeugungen (in Prozent) in unterschiedlichen islamischen Glaubensrichtungen
41,3 %
26,7 %
3,0 %
21,4 %
0
10
20
30
40
50
Hinsichtlich der Ausprägung islamistischer Überzeugun-
gen fallen vor allem die Sunniten mit hohen Werten und
die Aleviten mit sehr geringen Werten auf. Die Unter-
schiede zwischen den vier Gruppen sind hoch signifikant.
Das heißt zunächst einmal: Muslime sind eine sehr hete-
rogene Gruppe – es gibt nicht „die Muslime“.
Wenn man nun nach psychologisch relevanten Indi-
katoren sucht, die als Prädiktoren, also als Erklärungen
für stark ausgeprägte islamistisch-fundamentalistische
Überzeugungen in Frage kommen, so fallen in der Studie
vor allem folgende Bedingungen bzw. Einstellungen auf:
•
Präferenzen für „fundamentalistische Webseiten;
•
die Bevorzugung türkischer Fernsehsender, um sich
über politische Ereignisse zu informieren;
•
das Erleben, als Muslime in Deutschland diskriminiert
zu werden;
•
autoritäre Überzeugungen;
•
ein ausgeprägter Respekt vor familiären Sitten und
Gebräuchen
•
und eben eine sehr ausgeprägte Religiosität, die offen-
bar den stärksten Einfluss auf die islamistisch-funda-
mentalistischen Überzeugungen hat.
Der auch in der „Lebenswelten“-Studie entstandene Ein-
druck des starken Einflusses der Religiosität auf den Fun-
damentalismus wäre dann doch wohl eine Bestätigung für
diejenigen, die meinen, religiöse Muslime würden eben
generell zum Fundamentalismus neigen.