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„Alle Terroristen sind Moslems“?

Einsichten und Perspektiven 4 | 16

Politische Gewalt

Als politische Gewalt will terroristische Gewalt die herr-

schende politische Ordnung verändern. Um aber ein

politisches oder öffentliches Ziel zu erreichen, ist breite

öffentliche Unterstützung notwendig – die freiwillig

oder erzwungen sein kann.

17

Die erzwungene Unterstüt-

zung terroristischer Gewalt ist Teil der gesellschaftlichen

und politischen Reaktion; diese kann beispielsweise ein

bestimmtes Wählerverhalten

18

oder eine bestimmte Reak-

17 Bock (wie Anm. 9), S. 18.

18 Ein eindrucksvolles Beispiel hierfür sind die Auswirkungen der Bomben-

anschläge vom 11. März 2004 auf den Ausgang der Wahlen in Spanien

nur drei Tage später. Die Prognosen hatten bis zu den Anschlägen einen

klaren Sieg der Regierung von José María Aznar vorausgesagt. Aznar, ein

starker Unterstützer der Irak-Politik von US-Präsident Bush, machte für

die Anschläge sofort die baskische Untergrundorganisation ETA verant-

wortlich, um einen Zusammenhang zwischen den Anschlägen und seiner

Irak-Politik zu vermeiden. Zu den Anschlägen, bei denen 191 Menschen

getötet und mehr als 2.000 verletzt wurden, bekannte sich aber eine Zelle

von al Qaida. Was Aznar unglaubwürdig machte und dem Oppositions-

führer José Zapatero die Unterstützung der Wähler einbrachte, war, dass

Zapatero mit dem Versprechen in den Wahlkampf gezogen war, die spa-

nischen Soldaten aus dem Irak abzuziehen. Am 14. März wurde er zum

neuen Ministerpräsidenten gewählt und kündigte den sofortigen Abzug

der spanischen Truppen aus dem Irak an, vgl. Bock (wie Anm. 9), S. 99 f.

tion der Regierung sein.

19

Gewalt ist hier lediglich ein

strategisches Mittel, das Terror erzeugen und, über die-

sen Umweg, die Öffentlichkeit manipulieren und Unter-

stützung erzwingen soll. Während diese Unterstützung

Teil der funktionalen Logik terroristischer Gewalt ist,

ist die freiwillige Unterstützung die eigentliche Einheit,

in der sich die Stärke einer terroristischen Organisation

bemisst.

20

Das Ausmaß der freiwilligen Unterstützung in Form

von Geldgebern, Freiwilligen oder (von Staaten oder Bür-

gern gewährten) Rückzugsräumen und Stützpunkten, ist

entscheidend für das spezifische „Bedrohungspotenzial“

der jeweiligen Gruppierung oder Organisation. Damit

wird eine psychologische Kategorie bezeichnet, die mit

der öffentlichen Wahrnehmung terroristischer Gewalt

korreliert und auf die die (tatsächliche oder vermeint-

liche) soziale Macht reflektiert, die eine Organisation

durch Unterstützer hat. Sie versetzt sie in die Lage, eine

19 Beispiele sind politische Verhandlungen zwischen den Regierungen und

den Vertretern terroristischer Organisationen – wie mit der Sinn Fein, dem

politischen Arm der IRA, oder der PLO.

20 Bock (wie Anm. 9), S. 56.

Dieses Bild wurde zur Ikone eines Folterskandals: ein (nicht-identifizierter) Häftling im Gefängnis Abu Ghraib. Das Bild löste eine Diskussion über die Folter

von Häftlingen aus.

Foto: picture alliance/AP Photo