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Kampf ums Weiße Haus 2016

Einsichten und Perspektiven 4 | 16

tet. Die Rolle Russlands im amerikanischen Wahlkampf

dürfte dabei Geheimdienste und Historiker noch lange Zeit

beschäftigen. Es liegt nahe, dass einige für Clinton peinli-

che Veröffentlichungen auf Wikileaks auf das Konto russi-

scher Hacker gehen.

27

Der russische Staatspräsident Putin

ist ganz sicher kein Freund von Clinton, schließlich macht

er sie für den Ausbruch von Massenprotesten rund um die

russischen Parlamentswahlen 2011 verantwortlich.

28

Eine

Woche nach der Wahl führten Trump und Putin ein län-

geres Telefongespräch und stellten danach in Aussicht, die

„unbefriedigenden“ Beziehungen zwischen beiden Ländern

zu verbessern.

29

Bei vielen Regierungen des Nahen Ostens (im weiteren

Sinn) wurde Trumps Erfolg begrüßt. Der türkische Präsi-

dent Recep Tayyip Erdoğan, selbst in der Kritik für seinen

zunehmend autoritären Führungsstil, nannte die Wahl

Trumps ein „positives Zeichen.“ Allerdings ist unklar,

inwieweit Trumps anti-islamische Wahlkampfäußerungen

das Verhältnis zwischen den beiden Präsidenten belasten

werden. Benjamin Netanyahu, Premierminister Israels,

bezeichnete Trump als „wahren Freund des israelischen

Staates“ 

30

– ihm dürfte insbesondere Trumps Ankün-

digung gefallen haben, Jerusalem als Hauptstadt Israels

anzuerkennen.

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Der ägyptische Präsident Abd al-Fattah

as-Sisi freute sich auf einen „neuen Geist“ der ägyptisch-

amerikanischen Beziehungen.

32

Selbst der syrische Dikta-

tor Baschar al-Assad bot an, einer Regierung Trump als

„natürlicher Verbündeter“ gegen den Islamischen Staat

zur Seite zu stehen.

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Ob allerdings ein Präsident Trump

für den Nahen Osten wirklich so positiv sein wird, wie

diese Äußerungen nahelegen, darf auch bezweifelt werden.

Die chinesische Regierung reagierte vor allemmit rheto-

rischer Zurückhaltung auf Trumps Erfolg. ImWahlkampf

hatte Trump Billigimporte aus China für den Niedergang

der amerikanischen Industrie verantwortlich gemacht und

der Volksrepublik unter anderem mit hohen Strafzöllen

gedroht. Andererseits legt Trumps isolationistische Rhe-

torik nahe, dass die USA den territorialen und politischen

Ambitionen Chinas in Asien weniger entgegensetzen wer-

27 Vgl.

http://www.politifact.com/truth-o-meter/statements/2016/oct/19/hillary-

clinton/hillary-clinton-blames-russia-putin-wikileaks-rele [Stand 20.11.2016].

28 Vgl.

http://nyti.ms/2aOtiwq

[Stand 20.11.2016].

29 Vgl.

http://wpo.st/DS_F2

[Stand 20.11.2016].

30 Vgl.

http://politi.co/2fCfA2H

[Stand 20.11.2016].

31 Vgl.

http://reut.rs/2cXRl1M

[Stand 20.11.2016].

32 Vgl.

http://wpo.st/-1aF2

[Stand 20.11.2016].

33 Vgl.

http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-11/syrien-und-usa-baschar-

al-assad-donald-trump-natuerlicher-verbuendeter [Stand 20.11.2016].

den; überhaupt könnte die Führungsrolle der USA in der

Welt abnehmen. In Peking dürfte man ebenso gespannt

abwarten, was eine Regierung Trump tatsächlich an kon-

kreter Politik umsetzen will, wie im Rest der Welt.

34

Der

japanische Premierminister Shinzo Abe wollte wohl hin-

gegen nicht bis zum Amtsantritt abwarten und besuchte

Trump in New York. Über die Inhalte des Gesprächs

wurde außer höflichen Floskeln wenig bekannt.

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Ausblick: Und was kommt jetzt?

Die abwartende Haltung der chinesischen Regierung

und die wenig enthusiastischen Glückwünsche europäi-

scher Regierungen sind offensichtlich auch der Unsicher-

heit geschuldet. Wieviel von seiner kontroversen Wahl-

kampfrhetorik wird Trump versuchen, in konkrete Politik

umzusetzen? Und wird er seine Pläne, was immer sie auch

sein mögen, auch umsetzen können? Wissen kann das nie-

mand, möglicherweise hat der kommende Präsident selbst

keine klare Vorstellung.

Ein erster Indikator könnte die Regierungs- und Bera-

termannschaft sein, die Trump in der Übergangsphase um

sich schart, doch auch hier ist die Botschaft bislang ambi-

valent. So berief Trump mit dem Vorsitzenden des repub-

likanischen Nationalkomitees, Reince Priebus, einen Ver-

treter des Establishments, zum Stabschef, dafür ernannte

er den ultrarechten Ex-Chef der Nachrichtenwebseite

Breitbart News

, Stephen Bannon, zum Chefstrategen.

Als Nationalen Sicherheitsberater will Trump den russ-

landfreundlichen Ex-General Michael Flynn, doch als

Außenminister ist sogar Trumps schärfster innerparteili-

cher Gegner Mitt Romney im Gespräch.

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Es scheint fast,

als würde Trump das Prinzip „teile und herrsche“ auf das

eigene Team anwenden. Mangels klar erklärter Absichten

lässt sich nur abwägen, was überhaupt möglich wäre.

Commander-in-Chief: Außenpolitische Aussichten

In der Außenpolitik ist der Präsident zwar nicht der ein-

zige, aber mit Abstand der wichtigste Akteur. Der Senat

kann zwar wichtige Amtsträger bestätigen oder ablehnen,

Verträge ratifizieren und über Ausschüsse Einfluss auf die

Außenpolitik nehmen, aber die Fäden laufen im Weißen

Haus zusammen. Selbst Außen- und Verteidigungsministe-

rium haben zwar eine gewisse institutionelle Eigenständig-

34 Vgl.

https://www.ft.com/content/68430ce2-a677-11e6-8b69-02899e8bd9d1

[Stand 20.11.2016].

35 Vgl.

http://cnn.it/2fVpegB

[Stand 20.11.2016].

36 Vgl.

http://wpo.st/o6bF2

[Stand 20.11.2016].