29
Kampf ums Weiße Haus 2016
Einsichten und Perspektiven 4 | 16
er fand sogar ein paar lobende Worte für Clinton. Das war
natürlich erst einmal als reine Rhetorik zu verstehen, doch
immerhin ist es die Rhetorik, die man von einem frisch
gewählten Präsidenten traditionell erwartet. Auch Clinton
hielt sich trotz der schockierenden Niederlage artig an die
Spielregeln und gratulierte dem Sieger am Telefon. Präsi-
dent Obama wiederum hatte schon am Wahltag (als das
Ergebnis noch nicht bekannt war) verkündet: „[E]gal, was
passiert, auch morgen geht die Sonne wieder auf.“
15
Kurz
nach der Wahl lud er Trump ins Weiße Haus ein und kon-
ferierte unerwartet lang mit seinem Nachfolger. Obama
versprach, alles für eine möglichst reibungslose Machtüber-
gabe tun zu wollen, so wie es sein Vorgänger George W.
Bush es bei allen erheblichen politischen Differenzen auch
für ihn gemacht hatte. Alles in Ordnung also? Zumindest
die prominentesten politischen Akteure in den USA schei-
nen zunächst willens, sich an das Drehbuch des Systems
zu halten. Doch das zentrale Problem bleibt: die schiere
Unsicherheit, die von Trumps Wahlsieg ausgeht und die
sich auch in den internationalen Reaktionen widerspiegelt.
15 Vgl.
https://www.youtube.com/watch?v=-ngd1LkbX-M[Stand 17.11.2016].
Reaktionen in Europa
Unter den Regierungen der meisten Mitgliedsstaaten der
Europäischen Union löste Trumps Wahlsieg sicherlich
Bestürzung aus. Am einfachsten mag das Ergebnis noch
für die britische Premierministerin Theresa May gewesen
sein, schließlich hat sie den ebenfalls von einem rechts
populistischen Votum ausgelösten Brexit zu verwalten.
Da kommt die traditionelle
special relationship
zwischen
dem Vereinigten Königreich und den USA gerade recht,
und genau an diese erinnerte May auch in ihrer Reaktion
auf das amerikanische Wahlergebnis: Freiheit, Demokra-
tie und Unternehmergeist würden die beiden Länder wei-
ter eng verbinden.
16
Der französische Präsident Francois
Hollande wirkte deutlich weniger angetan und sprach
von einer Prüfung für die gemeinsamen Werte und Inte-
ressen; sein Premierminister Jean-Marc Ayrault fragte
besorgt, was nun aus dem Pariser Klimaabkommen und
den Nuklearabkommen mit dem Iran werden solle.
17
Von
Vertretern der Europäischen Union kam eine Mischung
16 Vgl.
http://wpo.st/ba9F2[Stand 18.11.2016].
17 Vgl.
http://nyti.ms/2ek3e1j[Stand 18.11.2016].
Vorbereitung auf einen Anti-Trump-Protest in Los Angeles am 12. November 2016 mit geschätzt 9.000 Teilnehmern
Foto: picture alliance/NurPhoto/Fotograf: Ronen Tivony