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Kampf ums Weiße Haus 2016

Einsichten und Perspektiven 4 | 16

aus diplomatisch formulierten Glückwünschen für den

neuen Präsidenten und offener Skepsis angesichts Trumps

kontroverser Positionen aus dem Wahlkampf.

Ähnlich ambivalent wirkte die Reaktion der deutschen

Regierung. Man darf getrost davon ausgehen, dass Angela

Merkel einen Wahlsieg Clintons bevorzugt hätte, zumal

Trump ihre Flüchtlingspolitik mehrfach mit scharfen

Worten als Desaster bezeichnet hatte. Doch die Kanzle-

rin ist natürlich zu pragmatisch, um sofort einen öffentli-

chen Streit mit Trump vom Zaun zu brechen. Sie sprach

also – nicht frei von einer belehrenden Note, die vielfach

kritisiert wurde – von einer Zusammenarbeit auf Basis der

„gemeinsamen Werte“, nämlich „Demokratie, Freiheit,

den Respekt vor dem Recht und der Würde des Men-

schen unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion,

Geschlecht, sexueller Orientierung oder politischer Ein-

stellung“ – wohl wissend, dass Trumps Wahlkampf meh-

rere dieser Prinzipien in Frage gestellt hatte.

18

Wenige Tage

später verkündete sie ihre Unterstützung für Frank-Walter

Steinmeier als neuen Bundespräsidenten, der vor der Wahl

Trump als „Hassprediger“ bezeichnet hatte. Eine Woche

nach der Wahl wiederum traf sie sich mit Obama in Berlin

und zelebrierte ein letztes Mal das Bündnis mit dem schei-

denden US-Präsidenten. Spiegel online schrieb von den

„Verteidigern der freien Welt“.

19

Enthusiasmus für den neu

gewählten Präsidenten Trump sieht anders aus.

Ganz anders fiel natürlich die Reaktion der europäischen

Rechtspopulisten aus, die sich nun im politischen Aufwind

sehen. AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry gratulierte

Trump zum Wahlsieg. Ihr Ko-Vorsitzender Jörg Meuthen

sprach gar von einer „Zeitenwende.“ 

20

In Frankreich bezeich-

nete Marine Le Pen Trumps Wahlsieg als „Zeichen der Hoff-

nung.“ 

21

Der französische (Vor-)Wahlkampf für die Präsi-

dentschaftswahl 2017 steht ganz im Zeichen der Frage, wer

Le Pen imZeitalter vonTrump noch aufhalten könne.

22

Auch

die Wiederholung der österreichischen Präsidentschaftswahl

wird von Trumps Wahlsieg überschattet; der FPÖ-Kandidat

Norbert Hofer zog Parallelen zwischen seinen Zielen und

denen Trumps.

23

Der ungarische Premierminister Viktor

Orbán freute sich angesichts Trumps Erfolg über „großar-

18 Vgl.

http://spon.de/aeREz

[Stand 18.11.2016].

19 Vgl.

http://spon.de/aeRZD

[Stand 18.11.2016].

20 Vgl.

http://www.faz.net/-gpf-8n87e

[Stand 18.11.2016].

21 Vgl.

http://cnn.it/2gbMIlh

[Stand 20.11.2016].

22 Vgl.

http://www.sueddeutsche.de/politik/wahl-in-frankreich-frankreich-

waehlt-den-gegner-der-rechtsextremen-marine-le-pen-1.3249504-2

[Stand 20.11.2016].

23 Vgl.

http://spon.de/aeRY8

[Stand 20.11.2016].

tige Nachrichten.“ 

24

Dem Parteichef der Brexit-Partei UKIP

Nigel Farage gelang sogar, was Michael Moore nicht vergönnt

war: Er wurde im Trump Tower zum Hausherrn vorgelassen

und führte ein angeblich „sehr produktives Gespräch“ mit

ihm.

25

Ob die Welle rechtspopulistischer Erfolge in Europa

sich nun wirklich fortsetzt bleibt abzuwarten; geschadet hat

Trumps Wahlsieg AfD & Co. sicherlich nicht.

Weitere internationale Reaktionen

Vladimir Putin dürfte eine Flasche Krimsekt geöffnet haben,

als er von Trumps Wahlsieg erfuhr. Der russische Präsident

war selbst Thema und Akteur des US-Wahlkampfs: Clinton

hatte Trump als „Marionette“ Putins bezeichnet.

26

Trump

wiederum hatte eine bessere Zusammenarbeit mit Russland

vor allem in der Terrorbekämpfung gefordert und dafür auf

Kritik an der russischen Ukraine- und Syrienpolitik verzich-

24 Vgl.

http://www.sueddeutsche.de/politik/reaktionen-auf-die-us-wahl-rechts

populisten-feiern-moeglichen-trump-erfolg-1.3241145 [Stand 20.11.2016].

25 Vgl.

http://cnn.it/2g6q5hd

[Stand 20.11.2016].

26 Vgl.

http://cnn.it/2eiHOB5

[Stand 20.11.2016].

Barack Obamas letzter Besuch in Berlin als Präsident der Vereinigten Staaten

von Amerika

Foto: ullstein bild – Boness/IPON