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Ein Länderporträt über Palästina

Einsichten und Perspektiven 4 | 16

Willkommen in der Heiligen Stadt

„Das Heiligtum der Erde ist Syrien; das Heiligtum Syri-

ens ist Palästina; das Heiligtum Palästinas ist Jerusalem;

das Heiligtum Jerusalems ist der Berg; das Heiligtum des

Berges ist die Kultstätte; das Heiligtum der Kultstätte ist

der Felsendom“

67

, schrieb der islamische Gelehrte Thaur

ibn Yazid im 8. Jahrhundert. Jerusalem hat viele Namen –

für die Palästinenser heißt die Stadt im Herzen des Nahen

Ostens

Al-Quds

, „die Heilige“. Nicht nur für Juden und

Christen beherbergt Jerusalem wichtige religiöse Stätten:

Die Tora berichtet aus der Stadt über Urvater Abraham;

die Passionsgeschichte Jesu fand gemäß dem Neuen Tes-

tament hier statt; und für Muslime auf der ganzen Welt

ist Jerusalem heute der drittheiligste Ort auf Erden.

68

Die

Stadt ist vielleicht das wesentlichste Argument für alle,

die davon überzeugt sind, dass der Nahostkonflikt nicht

67 Zit. nach Simon Sebag Montefiore: Jerusalem. Die Biographie, Frankfurt

am Main

3

2011, S. 7.

68 Bedeutender für die Muslime sind nur Mekka und Medina. Interessante

Perspektiven auf Jerusalem aus dem Blickwinkel der drei monotheisti-

schen Religionen liefert Yaron (wie Anm. 17).

gelöst werden kann. Und in der Tat: Die Verhandlungen

zwischen Israelis und Palästinensern in den vergangenen

Jahrzehnten – ob sie nun öffentlichkeitswirksam oder im

Geheimen geführt wurden – brachten das Schicksal Jeru-

salems immer erst ganz am Schluss auf die Agenda, um

nicht von vornherein zum Scheitern verurteilt zu sein.

Sowohl in der israelischen als auch in der palästinensi-

schen Gesellschaft gibt es kaum jemanden, der bereit ist,

zugunsten einer Lösung des Konflikts auf Jerusalem zu

verzichten und die Stadt der anderen Seite zu überlassen.

Dass die Juden mit der Klagemauer – dem einzi-

gen Rest des Tempels

69

– hier ihre wichtigste religiöse

Stätte haben, ist hinlänglich bekannt. Die Geschichte

des Propheten Mohammad aber spielte sich bekannter-

maßen im 7. Jahrhundert auf der arabischen Halbin-

sel ab – warum also hat Jerusalem eine so hohe Bedeu-

tung auch für den Islam? Im Koran jedenfalls wird die

Stadt nicht erwähnt – wohl aber in den

Hadithe

, der

69 Es handelt sich um die ehemalige Westmauer des Plateaus des zweiten

Tempels, der nach dem babylonischen Exil erbaut und 70 n. Chr. von den

Römern zerstört wurde.

Hebron ist eine gespaltene Stadt: Hier konzentriert sich der ungelöste Nahostkonflikt auf ein greifbares Gemisch aus Hass, Angst und Gewalt. Lokale Initiati-

ven fordern die Öffnung der Ash-Shuhada und ein Ende der Besatzung.