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Ein Länderporträt über Palästina

Einsichten und Perspektiven 4 | 16

Verdienst von etwa 400 Dollar im Monat

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kann sich das

nur ein kleiner Teil der Bevölkerung leisten. Die anderen

sind gezwungen, verschmutztes Wasser zu trinken. Migdad

erzählt, dass viele Kinder davon krank werden. Die Notlage

in Gaza sorgt auch für Koalitionen, die auf den ersten Blick

befremden: Anfang November 2013 machte eine damals

23-jährige Frau namens Isra Almodallal international

Schlagzeilen – als neue Regierungssprecherin der Hamas,

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die sich mit der Personalie medienwirksam ein modernes

Gesicht verpasste. Im Interview begründete die ehemalige

Fernsehmoderatorin ihre Berufswahl: „Ich für meinen Teil

bin keine Unterstützerin der Ideologie der Hamas, ich bin

auch kein Parteimitglied. Ich möchte mit meiner Arbeit

auf die humanitäre Notlage im Gazastreifen aufmerksam

machen und eine Entwicklung zum Besseren antreiben.“

Die schwierige Situation der Zivilbevölkerung hat sich

jedoch nicht geändert, seit die Hamas in Gaza regiert.

90 Die Armut in Gaza ist sehr hoch, fast 80 Prozent der Bewohner erhalten

in irgendeiner Form Hilfe, um über die Runden zu kommen. Vgl. The World

Bank (wie Anm. 84).

91 Hier und im Folgenden vgl. Kristina Milz: „Ich bin nicht einmal in der

Partei“. Interview mit Isra Almodallal, in: zenith. Zeitschrift für den Orient

6 (2013), S. 14.

Jahrelang kümmerte die sich weniger um die Verbesse-

rung der Lage ihrer Landsleute als um den Beschuss des

verhassten Nachbarn: Mehrere tausend Raketen schlugen

seit der Machtübernahme der Islamisten auf israelischem

Boden ein, mehrere Israelis wurden getötet.

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Ende 2008

antwortete Israel schließlich mit der Militäroperation

„Gegossenes Blei“. Drei Wochen dauerten die Luftan-

griffe gegen Einrichtungen und Mitglieder der Hamas.

Auch wenn Israel Zivilisten in Form von Telefonanrufen

und abgeworfenen Handzetteln warnt, wenn ein Angriff

bevorsteht, lässt sich eine hohe Anzahl an zivilen Opfern

angesichts der hohen Bevölkerungsdichte in Gaza kaum

vermeiden: Kein Platz ist hier wirklich sicher. Palästinen-

sische Organisationen sprechen von mehr als 900 getöte-

ten Zivilisten, nach israelischen Angaben starben 295. Die

Divergenz liegt vor allem darin begründet, dass Israel alle

Polizisten in Gaza als Mitglieder einer Terrororganisation

92 Das israelische Außenministerium listet auf seiner Homepage alle Opfer

palästinensischer Gewalt: Seit dem Jahr 2000 sind demnach 1.315 Men-

schen getötet worden – die meisten bei Terroranschlägen. Eine Zählung

von Ende 2013 ergab die Zahl von 8.549 Verwundeten. Vgl. die Home-

page:

http://www.mfa.gov.il/mfa/foreignpolicy/terrorism/palestinian/

pages/victims%20of%20palestinian%20violence%20and%20terrorism

%20sinc.aspx [Stand: 15.11.2016].

Christen bilden eine schwindende Minderheit in der palästinensischen Bevölkerung. Im Wadi Qelt, einem ausgetrockneten Flusslauf im Westjordanland, befin-

det sich ein nach wie vor bewohntes Kloster: St. Georg liegt im Naturschutzgebiet Nahal Prat, das durch die Judäische Wüste führt.