Einsichten und Perspektiven (1|13): Vertrag von Lissabon - page 9

dungen zu optimieren. Dies gelang begrenzt im Zusam-
menhang mit der Ratifizierung des Maastrichter Vertrages
(1992), der Föderalismusreform I (2006), durch Neuerun-
gen im Lissabon-Vertrag (2009) und aufgrund des Urteils
des Bundesverfassungsgerichts zum Lissabon-Vertrag
(2009).
Im Jahre 1956 hat der Bund den Ländern einen Be-
obachter bei den Verhandlungen über den Abschluss der
Römischen Verträge, mit denen die Europäische Wirt-
schaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Gemein-
schaft für Atomenergie (EAG) gegründet wurden, zuge-
standen. Damit wurde die Tradition eines alle Länder
gemeinsam vertretenden Länderbeobachters begründet, der
als Mitglied der deutschen Delegation z. B. an Tagungen
europäischer Institutionen teilnimmt und die Länder infor-
miert. Mit Artikel 2 des Zustimmungsgesetzes zu den
Römischen Verträgen wurde dieses Informationsrecht be-
stätigt und der Bundesrat als Ort der entsprechenden In-
formation genannt. Im sogenannten Zuleitungsverfahren
werden bis heute Bundestag und Bundesrat laufend über
Entwicklungen im Ministerrat der EU informiert.
Den ständigen Klagen der Länder über die man-
gelnde Berücksichtigung ihrer Interessen in der Europa-
politik trug der Bund 1979 mit dem Zugeständnis eines vor
allem auf der Ebene der Länderfachminister verankerten
„Neuen Länderbeteiligungsverfahrens“ in ersten Ansätzen
Rechnung. Er versprach den Ländern in Fällen, in denen ih-
re Kompetenzen betroffen sind, sich mit ihnen abzustim-
men und den gemeinsamen Standpunkt auf europäischer
Ebene dann auch so weit wie möglich durchzusetzen. Zu
den Beratungsgremien der Kommission und des Rates soll-
ten möglichst immer zwei Vertreter der Länder hinzugezo-
gen werden. Auch dieses Verfahren erwies sich aus der Sicht
der Länder, schon allein wegen des hohen Koordinierungs-
bedarfs zwischen den Ländern, als wenig schlagkräftig.
Die fachliche Notwendigkeit der Zustimmung der
Länder zum Ratifizierungsgesetz zur Einheitlichen Euro-
päischen Akte (EEA) von 1986 gab diesen die Chance, den
Bund zu einem weiteren Entgegenkommen hinsichtlich ih-
rer Mitwirkungsrechte an der Europapolitik zu veranlassen.
Dies schien umso dringender, als der Europäischen Ge-
meinschaft neue Zuständigkeiten unter anderem im Um-
weltschutz, der Sozial- und der Forschungspolitik übertra-
gen wurden, die direkt Länderkompetenzen berührten. Die
Beteiligungsrechte der Länder wurden in ein Bundesrats-
verfahren überführt und gesetzlich, allerdings nicht, wie
dies die Länder gefordert hatten, imGrundgesetz verankert.
In Artikel 2 des Ratifikationsgesetzes zur Einheitlichen Eu-
ropäischen Akte wurde die frühestmögliche Information
des Bundesrates über Vorhaben der Europäischen Gemein-
schaft ebenso vereinbart wie die Konsultation des Bundes-
rates bei Angelegenheiten, welche die ausschließliche Ge-
setzgebung der Länder betreffen. Die Bundesregierung
wurde verpflichtet, die Stellungnahmen des Bundesrates bei
Verhandlungen im Rat der EU zu berücksichtigen.
Der Bundesrat versuchte, seinen neuen Aufgaben
im Rahmen des Bundesratsverfahrens dadurch gerecht zu
werden, dass er eine EG-Kammer einrichtete, in der in ei-
nem vereinfachten Verfahren rasch und vertraulich Stel-
lungnahmen zu EG-Vorlagen erarbeitet werden konnten.
Europa der Regionen
Einsichten und Perspektiven 2 | 13
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Tabelle 2: Entwicklung der Mitwirkungsmöglichkeiten der Länder in der Europapolitik
22
1956
1957
1979
1986
1992
2006
2009
2009
Länderbeobachter
Sonderausschuss Gemeinsamer Markt und Freihandelszone des Bundesrates, umbenannt 1965 in Ausschuss für Fra-
gen der Europäischen Gemeinschaft (EG-Ausschuss) und 1992 in Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU-
Ausschuss)
Neues Länderbeteiligungsverfahren
Bundesratsverfahren im Zusammenhang mit der Verabschiedung der Einheitlichen Europäischen Akte
Neufassung Artikel 23 Grundgesetz
Föderalismusreform I: Neufassung Artikel 23 Grundgesetz und Mithaftungsregeln für die Länder bei EU-Regelverstö-
ßen
Lissabon-Vertrag: Subsidiaritätskontrolle und Klagerecht des Bundesrates sowie des Ausschusses der Regionen vor
dem Gericht der EU
Begleitgesetze zum Lissabon-Vertrag
1,2,3,4,5,6,7,8 10,11,12,13,14
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