Einsichten und Perspektiven (1|13): Vertrag von Lissabon - page 6

Europa der Regionen
Einsichten und Perspektiven 2 | 13
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weniger in der europäischen Bevölkerung verankert ist als
nationale Regionen. Sein Bekanntheitsgrad beträgt 24 Pro-
zent. „Zudemwurde ermittelt, dass nur vier Prozent der Be-
fragten, die den AdR kennen, auch mit dessen Rolle vertraut
sind [...]Über die Hälfte der Befragten haben angegeben,
dass sie überhaupt nichts über die Rolle des AdR wissen (52
Prozent) und weitere 18 Prozent haben spontan geantwor-
tet, dass sie vor der Umfrage noch nie vom AdR gehört hät-
ten.“
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Die deutschen Länder benennen 21 Vertreter für
den Ausschuss der Regionen. Jedes Land nominiert einen
Vertreter und einen Stellvertreter im Ausschuss. Fünf wei-
tere Ländervertreter und ihre Stellvertreter werden nach ei-
nem Verfahren gewählt, das das Vorschlagsrecht bei jeder
Wahlperiode an eine neue Ländergruppe weiterreicht, be-
ginnend mit den fünf einwohnerstärksten Ländern, gefolgt
von den fünf nächstgrößten nach der Einwohnerzahl usw.
(rollierendes Verfahren). Dazu kommen als weitere deut-
sche AdR-Mitglieder je ein Vertreter der kommunalen
Spitzenverbände „Deutscher Städtetag“, „Deutscher Land-
kreistag“ und „Deutscher Städte- und Gemeindebund“. Al-
le deutschen Vertreter werden formal von der Bundesregie-
rung, die innerstaatlich das Vorschlagsrecht der Länder und
der kommunalen Spitzenverbände anerkannt hat (§ 14
EUZBLG), dem Rat zur Ernennung vorgeschlagen.
Die deutschen Länder hatten einige Mühe, sich an die Kon-
struktion und Arbeitsweise des AdR zu gewöhnen. Sie hat-
ten ein Regionalorgan (ohne Beteiligung der Gemeinden)
gefordert, das wie der Bundesrat arbeiten sollte.
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Im Ideal-
falle hätte das bedeutet, dass die Mitwirkung im Plenum des
Ausschusses zwar den politischen Vertretern der Regionen
vorbehalten gewesen wäre, aber in den Ausschüssen des
AdR Vertreter der Ministerialbürokratie verhandelt hätten.
Des Weiteren wünschten die Länder ein uneingeschränktes
Anhörungsrecht des AdR bei allen EG-Vorhaben und eine
Verpflichtung von Rat und Kommission, dem AdR die
Gründe für von seinen Stellungnahmen abweichende Ent-
scheidungen mitzuteilen. Der AdR sollte ein Klagerecht er-
halten, um den EuGH bei aus seiner Sicht erkennbaren Ver-
letzungen des Subsidiaritätsprinzips durch den Rat oder die
Kommission anzurufen.
Sowohl die Notwendigkeit der dauernden Anwe-
senheit bei Sitzungen, auch zu den Terminen der sieben po-
litikfeldbezogenen Fachkommissionen des AdR, als auch
die zunächst vorherrschende Entscheidungspraxis im AdR,
ausgerichtet am nationalen Interesse anstatt primär an Sach-
fragen, erschwerte den deutschen Ländern den Start in die-
ser neuen Institution. Die deutschen Mitglieder nahmen an
weniger als 50 Prozent der Sitzungen der Fachkommissio-
nen teil. Es gelang den deutschen Ländern zunächst auch
Die beratenden Organe
der EU
Grafik: Bergmoser + Höller
Beratungsorgane
der Europäischen
Union
Vertreter
wirtschaftlicher und sozialer
Gruppen
Vertreter
von Ländern, Regionen
und Gemeinden
Politikbereiche,
zu denen
die Ausschüsse
vom Rat
und von der
Kommission
gehört
werden müssen
B
344
344
Agrarpolitik
Verkehr
Binnenmarktregelungen
Steuerharmonisierung
Beschäftigung
Sozialpolitik, Bildung und Jugend
Gesundheit
Verbraucherschutz
Transeuropäische Netze
Industriepolitik
Struktur- und Regionalpolitik
Forschung und Entwicklung
Freizügigkeit
allgemeine und berufliche
Bildung, Jugend
Kultur
Gesundheitswesen
Transeuropäische Netze
Struktur- und Regionalpolitik
Ergänzende Stellungnahmen,
wenn bei Anhörung des
Wirtschafts- und Sozialaus-
schusses regionale Interessen
berührt werden
ZAHLENBILDER
Wirtschafts- und
Sozialausschuss
Ausschuss
der Regionen
14 Otto Schmuck: Der Ausschuss der Regionen, in: Europäisches Zentrum für Föderalismus-Forschung Tübingen (Hg.): Jahrbuch des Föde-
ralismus 2010, Baden-Baden 2010, S. 414−425, hier S. 423.
15 Manfred Degen: Der Ausschuss der Regionen − Bilanz und Perspektiven, in: Franz H.U. Borkenhagen (Hg.): Europapolitik der deutschen
Länder, Opladen 1998, S. 103−125, hier: S. 103 f.
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