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Einsichten und Perspektiven 1 | 18
Frontdienst – Heimatdienst – politische Bildung – Ein Jahrhundert Reichszentrale für Heimatdienst
gefärbt seien. Um hier ein Gegengewicht zu schaffen, sei
es Aufgabe des Staates, „eine objektive staatsbürgerliche
Unterweisung sicher zu stellen“. Hier handelt es sich laut
Strahl „schlechterdings [um] ein lebenswichtiges Interesse
an der politischen Qualität seiner Bürger“.
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In der fol-
genden Passage wird nicht nur die Dringlichkeit deutlich,
die Strahl einem solchen „Reichsheimatdienst“ beimaß;
deutlich wird an der Terminologie („Gemeinschaft, wie
sie in Nation und Staat verkörpert ist“) ebenso, dass Strahl
von der Prämisse der Existenz einer in sich homogenen
Volksgemeinschaft ausgeht, die es zu erhalten gelte. Somit
bewegt er sich letztlich in der Gedankenwelt der völki-
schen Ideologie, die ihre Wurzeln in der völkischen Bewe-
gung des 19. Jahrhundert hat.
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„Denn gerade vom Standpunkt der Gemeinschaft, wie sie
in Nation und Staat verkörpert ist, ist es von größter Bedeu-
tung, daß der einzelne Staatsbürger für seine politischen
Pflichten gegenüber der Gesamtheit auf das beste vorberei-
tet und geschult ist. Beruht doch heute in dem Zeitalter des
Volksstaates und des Selbstbestimmungsrechts Gesundheit
und Kraft eines Staates im höchsten Maße auf dem Gemein-
sinn und den politischen Fähigkeiten des Volkes.“
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Der Staat müsse im Zuge der Volkserziehung dazu bei-
tragen, dass die „wirklichen Zusammenhänge, die realen
Kräfteverhältnisse, die tatsächlichen Grundlagen des poli-
tischen und wirtschaftlichen Geschehens“ für den einzel-
nen Staatsbürger klar erkennbar seien.
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Dies sei vor allem
von Bedeutung in einer „Zeit des Kämpfens und Ringens
um staatliche Selbsterhaltung und Geltung“.
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Die Fragen
der Volkserziehung und somit auch für den Reichshei-
matdienst entscheiden laut Strahl über die „Lebens- und
Schicksalsfragen für den Staat“.
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Er wirft die Frage danach auf, in welcher Weise der
Staat denn dieser „schwierigen und delikaten Aufgabe [...]
gerecht werden und was verlangt und was geboten werden
könne.
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Immer wieder betont er in seinem grundlegenden
Beitrag, dass es der Reichszentrale keineswegs um reine
Nachrichtenvermittlung gehe, sondern dass sie bestrebt
sei, die „zusammenfassende Darstellung ganzer politischer
11 Ebd., S. 8.
12 Stefan Breuer: Die Völkischen in Deutschland. Kaiserreich und Weimarer
Republik, Darmstadt 2008.
13 Strahl (wie Anm. 7), S. 8 f.
14 Ebd., S. 9.
15 Ebd.
16 Ebd.
17 Ebd.
Gebietskomplexe“ dem Staatsbürger zu vermitteln. Es
gehe also darum, die politische Lage und die Geschehnisse
den breiten Massen des Volkes verständlich zu machen,
aber auch darum, „das Verständnis und die Urteilsfähig-
keit insgesamt allmählich zu heben“.
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Das Ziel der Arbeit
bestehe in der Vermittlung der „elementare[n] Kenntnisse
über die dauernden Grundlagen und Grundfragen der
deutschen Politik“.
In diesem Sinne sind laut Strahl vor allem die folgenden
Themen von Bedeutung für den Reichsheimatdienst: die
Reichsverfassung, der Aufbau des Reiches und der Länder,
die Gesetzgebung, der Reichshaushalt, die staatsbürgerli-
chen Rechte und Pflichten, der Staat und die Gemeinden,
die Lage der Deutschen außerhalb der Reichsgrenzen, die
Beziehungen zu anderen Staaten, die Auswirkungen des
Friedensdiktats, die Reparationslasten, der Völkerbund,
die Abrüstungs- und Sicherheitsfrage, die wirtschaftlichen
Grundlagen der Gegenwart, der Stand der Sozialgesetzge-
bung sowie kulturelle Aufgaben und Leistungen.
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Auch die von Strahl vorgenommene Abgrenzung gegen-
über der Verbreitung von „totem Wissen“ deutet darauf
hin, dass die Reichszentrale jenseits der Wissens- und
Nachrichtenvermittlung weitreichendere Ziele verfolgte,
wie dies auch auch in der folgenden Passage deutlich
wird: „In diesen Überlegungen liegt schon der Hinweis,
daß es auf politischem Gebiet jenseits der reinen positiven
Kenntnisse etwas gibt, was den wahren Sinn aller Volksauf-
klärung ausmacht. Politische Aufklärung ist staatsbürger-
liche Volkserziehung. Ihr letzter Zweck kann es nicht sein,
totes Wissen zu verbreiten, sondern denkende, wollende
und handelnde Staatsbürger mit ausgeprägtem Staats-
bewußtsein heranzubilden. Die Kenntnisse sollen dazu
dienen, der vernünftigen, sachkundigen Beurteilung der
politischen Verhältnisse gegenüber der Unwissenheit, der
Unsachlichkeit, der Phrase und der Verhetzung zum Siege
zu verhelfen. Abschwächung und ritterlicher Austrag der
inneren Gegensätze, Toleranz gegenüber einem Gegner,
dessen wirkliche Lage man versteht, Gemeinschaftsbe-
wußtsein gegenüber den Volksgenossen im Ganzen wie im
Einzelnen: Alles diese für Deutschlands Wiederaufstieg so
entscheidenden Imponderabilien sind nur durch Steige-
rung der staatspolitischen Einsicht, also imWege der Auf-
klärung, volkserzieherisch zu erreichen. Man darf erwar-
ten, daß durch eine zielklare, sachliche und parteipolitisch
neutrale Volksaufklärung unbestreitbarer Erkenntnisse
18 Ebd., S. 9 f.
19 Ebd., S. 10.