Table of Contents Table of Contents
Previous Page  6 / 80 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 6 / 80 Next Page
Page Background

6

Einsichten und Perspektiven 1 | 18

Frontdienst – Heimatdienst – politische Bildung – Ein Jahrhundert Reichszentrale für Heimatdienst

Konkreter Anlass, um eine solche Zentrale zu errich-

ten, waren pazifistische Bewegungen, die mit Aufständen,

Streiks und Demonstrationen dafür kämpften, dass das

Deutsche Kaiserreich kapitulieren und einen Friedens-

vertrag unterzeichnen solle, um somit dem verlustreichen

Krieg ein Ende zu setzen. Bereits vor dem Ersten Welt-

krieg hatte sich eine Friedensbewegung formiert – im

Kampf gegen die Bewilligung der Kriegskredite. Auch im

Laufe und vor allem gegen Ende des verlustreichen Krieges

machte sich die Friedensbewegung stark für eine Ende des

Blutvergießens. Sie forderte die Reichsregierung dazu auf,

einen Friedensvertrag zu unterzeichnen, um somit dem

Krieg ein Ende zu bereiten. Dieses Bündnis umfasste u.a.

KriegsgegnerInnen in der SPD, in der Gruppe Internatio-

nale, imSpartakusbund, in der USPD sowie unter Gewerk-

schaftern und Pazifistinnen der bürgerlichen Frauenbewe-

gung. Gemeinsam war ihnen das Ziel, den verlustreichen

und blutigen Krieg zu beenden. In zahlreichen Regionen

des Deutschen Reiches kam es zu Protesten, Aufständen

und Streiks. Vor dem Hintergrund dieser pazifistischen

Bewegungen innerhalb der Zivilbevölkerung befasste

sich der Direktor der Nachrichtenabteilung des Auswär-

tigen Amtes, Ministerialdirektor Erhard Deutelmoser,

ab Winter 1917/1918 mit den Plänen über die Errich-

tung einer zivilen Aufklärungsstelle. Diese sollte zunächst

unter dem Begriff „Zentrale für Heimatdienst“ firmieren.

Während sich die militärische Aufklärung vor allem auf

die Armee konzentrierte, sollte sich die Zentrale für Hei-

matdienst an „den weniger standfesten Teil der Arbeiter-

schaft“ richten und die „breiten Volksmassen, besonders

in den größeren Städten“, ansprechen. Dieser Adressaten-

kreis sollte im Sinne der Regierung beeinflusst werden.

4

Die „Zentralstelle für Heimataufklärung“ (ZfH), gelei-

tet von dem deutschen Offizier Erhard Deutelmoser nahm

am 1. März 1918 ihre Arbeit auf. Es war erklärtes Ziel der

ZfH, die sog. Heimatfront dahingehend zu beeinflussen,

dass sie die Kriegspolitik der Reichsregierung – und auch

die damit verbundenen Opfer – mitzutragen bereit war.

An die Stelle des sperrigen Begriffs trat im Laufe des Som-

mers 1918 die Bezeichnung „Zentrale für Heimatdienst“.

4 Erhard Deutelmoser: „Die politische Mobilmachung für den Frieden“,

zit. n. Klaus Wippermann: Politische Propaganda und staatsbürgerliche

Bildung. Die Reichszentrale für Heimatdienst in der Weimarer Republik

(Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Band 114),

Bonn 1976, S. 29.

Antikriegsdemonstration im Berliner Lustgarten am achten Jahrestag des

des Beginns des Ersten Weltkriegs, 30. Juli 1922

Foto: ullstein

Erhard Deutelmoser – Chef des Kriegspresseamtes bei der Obersten Heeres-

leitung, Leiter der Presseabteilung im Auswärtigen Amt und Pressechef des

Reichskanzlers, Aufnahme um 1916

Foto: ullstein/Nicola Perscheid