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„Ein Denkmal des Friedens und der Arbeitskraft des Deutschen Reiches“

Einsichten und Perspektiven 1 | 17

noch immer problematischen Schifffahrtsverhältnisse dau-

erten die Transporte sehr lange, so dass man eine große Zahl

von Tankschiffen benötigt hätte. Von diesen gab es bisher

aber nur wenige, und auch die Zahl der Schlepper war

zu gering. Zumal die wenigsten Schiffe, die auf der unte-

ren Donau im Einsatz waren, auch die bayerische Donau

befahren konnten. Um die Öltransporte in dem Umfang

durchführen zu können, wie er im Kriegsfall nötig war,

musste daher eine moderne, leistungsfähige Flotte geschaf-

fen werden.

Stauß wurde Ende des Jahres 1912 darüber informiert,

dass mit dem Ausbruch eines Krieges in naher Zukunft zu

rechnen sei; daraufhin nahm er unverzüglich die Grün-

dung einer Schifffahrtsgesellschaft in Angriff. Dabei traf

es sich sehr gut, dass man in Regensburg, seit 1910 mit

der Süddeutschen Dampfschiffahrts-Gesellschaft das ein-

zige deutsche Donauschifffahrtsunternehmen in Besitz

des österreichischen Staates übergegangen war, die bay-

erische Staatsregierung bestürmte, die Gründung eines

neuen Schifffahrtsunternehmens zu veranlassen. Diese

Aktivitäten versetzten die Deutsche Bank in die äußerst

vorteilhafte Lage, die Gründung einer Schifffahrtsgesell-

schaft, an der sie selbst und das Reich das größte Interesse

hatten, als eine Aktion darzustellen, mit der sie Bayern

einen Gefallen tue.

Am 28. Juni 1913 wurde im Regensburger Rathaus

in Anwesenheit von Stauß und zahlreicher Repräsentan-

ten von Staat und Wirtschaft der Gesellschaftsvertrag

der „Bayerischen Lloyd Schiffahrtsgesellschaft m.b.H.“

geschlossen. Vom Gründungskapital in Höhe von vier

Millionen Mark hielt die Deutsche Bank über diverse

Tochtergesellschaften 3.550.000 Mark. Von den rest-

lichen 450.000 Mark hielt das pfälzische Unternehmen

Gebrüder Röchling OHG 200.000 Mark, die Bayeri-

sche Vereinsbank (München) 100.000 Mark, die MAN

50.000 Mark, der Unternehmer Freiherr von Büssing-

Orville 30.000 Mark, die Stadt Regensburg 20.000 Mark,

Josef Böhm, der Direktor der Deutschen Bank München,

10.000 Mark und der Regensburger Eisengroßhändler

Christlieb, Präsident der Handelskammer Regensburg,

gleichfalls 10.000 Mark.

Das Bemühen um eine enge Kooperation mit dem bay-

erischen Staat und der bayerischen Wirtschaft spiegelte

sich auch in der Zusammensetzung des Aufsichtsrates

wider; im ersten Geschäftsjahr gehörten diesem an:

E. G. Stauß, Generaldirektor (Vorsitzender); J. Böhm,

Direktor der Bayerischen Vereinsbank (stellvertretender

Vorsitzender); Dr. L. von Donle, Ministerialrat (Vertreter

der bayerischen Staatsregierung); J. Bleyer, Oberbürger-

meister von Regensburg; H. v. Buz, Generaldirektor der

MAN, Augsburg; G. Christlieb, Präsident der Handels-

kammer Regensburg; E. Fromm, Generaldirektor der

Maxhütte Sulzbach-Rosenberg; Dr. O. Geßler, Ober-

bürgermeister von Nürnberg; L. Hammon, Direktor der

Bayerischen Handelsbank; H. Held, Druckereibesitzer

und Abgeordneter des Bayerischen Landtags; H. v. Jacobs,

Vorstandsvorsitzender der Levante-Linie Hamburg; F. v.

Wagner, Präsident der Handelskammer Ludwigshafen am

Rhein; H. v. Wagner, Oberbürgermeister von Ulm; Dr.

A. Wolf, Direktor der Deutschen Bank Filiale München.

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Mit dem Bayerischen Lloyd verfügte die Deutsche Bank

über eine monopolartige Stellung in der Schifffahrt auf

der bayerischen Donau. Einerseits hingen damit Art und

Umfang der Donauschifffahrt künftig wesentlich von Ent-

scheidungen ab, die von der Deutschen Bank und damit

dem Deutschen Reich getroffen wurden. Andererseits

mussten diese seither ein gesteigertes Interesse an der Ver-

besserung der Schifffahrtsverhältnisse auf der Donau haben.

Sofort begann der Bayerische Lloyd mit der Beschaf-

fung von Schiffen. Von der Steaua Romana G.m.b.H.

Regensburg übernahm er zwei Verträge über zwei Motor-

tankschiffe mit einer Ladekapazität von je 500 Tonnen,

15 HSTAM, Nachlass Heinrich Held 1385.

Visite des Königs im Regensburger Petroleumhafen 1914. Die Kutsche des

Königs hält vor einer der hier ansässigen Firmen, wo ihn Oberbürgermeister

Bleyer erwartet. Ludwig III. hat bei diesem dreitägigem Regensburg-Besuch

auch auf der Hauptversammlung des gleichzeitig tagenden „Kanalvereins“

gesprochen und das erste der beiden neuen Motortankschiffe des Bayerischen

Lloyd auf seinen Namen getauft.

Foto: Archiv Donau-Schiffahrts-Museum Regensburg, Fotosammlung