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„Ein Denkmal des Friedens und der Arbeitskraft des Deutschen Reiches“
Einsichten und Perspektiven 1 | 17
Held hat seine Kampagne deshalb zielstrebig weiterge-
führt. Am 9. Januar 1916 reiste die Regensburger „Donau-
kommission“ zu Beratungen nach Passau. Dort beschloss
man „eine große öffentliche Werbeveranstaltung für die
Großschiffahrtsstraße, in erster Linie für die Donau“ in
Nürnberg abzuhalten. Regensburgs Oberbürgermeister
Josef Bleyer wurde beauftragt, sich dazu mit seinem Nürn-
berger Amtskollegen in Verbindung zu setzen.
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Das war
Otto Geßler, der von 1911 bis 1914 Oberbürgermeister
Regensburgs war und auch dem Aufsichtsrat des Bayeri-
schen Lloyd angehörte.
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1919 wurde er Reichsminister
für den Wiederaufbau und von 1920 bis 1928 war er dann
Reichswehrminister.
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Dieser einflussreiche Politiker war
ein äußerst wertvoller Verbündeter.
Die Nürnberger „Versammlung der Donau-, Main- und
Rheininteressenten“ fand am 13. Februar 1916 statt. Die
Teilnehmer kamen aus ganz Deutschland, offenbar gab es
einen großen Kreis von Unternehmern und Politikern, die
dieses Projekt unterstützten. Das Hauptreferat, das Held
anschließend im Druck verbreitete, hielt Josef Bleyer.
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Er
umriss die großen Vorteile, die mit dem Projekt verbunden
waren und zeigte auf, wie es realisiert werden sollte: „Wird
die jetzige kostbare Zeit nutzlos versäumt, flaut die unter
den Eindrücken des Krieges geborene allgemeine Anteil-
nahme an diesen Schifffahrtsfragen wieder ab, so besteht die
große Gefahr, daß imwesentlichen alles beim alten bleibt.“
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Diese Veranstaltung fand ein großes Echo weit über
Bayern hinaus. Auch in Österreich und Ungarn, und der
Bürgermeister von Budapest schickte umgehend einen
Beauftragten nach Regensburg, um Kontakt herzustellen.
Die Oberhäupter beider Städte kamen überein, eine weitere
derartige Konferenz in der ungarischen Hauptstadt abzu-
halten, und ihr Wiener Kollege schloss sich an. Am 8. Juli
fand in Budapest eine vorbereitende Besprechung statt, an
der u.a. auch Held und Bleyer teilnahmen, und hier kam
man überein, diese Tagung am 4. September abzuhalten.
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Zu dieser Zeit lief eine große Gegenoffensive der Mit-
telmächte an der Balkanfont, an der die Russen zuvor
große Erfolge erzielt hatten. Letztere hatten Rumänien
am 27. August 1916 dazu verleitet, auf Seiten der Entente
26 Held/Brüschwien (wie Anm. 1), S. 91.
27 Albrecht (wie Anm. 7), S. 176.
28 Ebd., S. 175.
29 Zu Bleyer s. Albrecht (wie Anm. 8), S. 179 f.
30 Josef Bleyer: Großschiffahrtsweg Donau-Main-Rhein. Referat erstattet in
der Versammlung der Donau-, Main- und Rhein-Interessenten zu Nürn-
berg am 13. Februar 1916, Regensburg 1916.
31 Held/Brüschwien (wie Anm. 1), S. 93 f.
in den Krieg einzutreten. Russen wie Rumänen wurden
vernichtend geschlagen, bis Dezember war Rumänien fast
vollständig besetzt und die Russen wurden weit auf eige-
nes Gebiet zurückgedrängt. Und so herrschte unter den
rund 700 Teilnehmern Budapester Donautagung eine
geradezu euphorische Stimmung. Denn mit Rumänien
war der letzte Staat ausgeschaltet, der die Schifffahrt auf
der Donau behindern konnte.
Im Zentrum der Budapester Beratungen stand die „Kodi-
fizierung des verwickelten Donaurechts“, das man nach dem
Vorbild der Rheinschifffahrtsakte umgestalten wollte. Aber
die Zukunft bot noch sehr viel größere Perspektiven: „Wahr-
scheinlich wird man in Verbindung mit der Schiffbarma-
chung der unteren Donau dann auch beherzter an den Aus-
bau des mitteleuropäischenWasserstraßennetzes herangehen
und vor allem das Projekt der Verbindung Rhein-Donau zu
neuem Leben erwecken und damit das wirtschaftspolitische
Band zwischen Orient und Okzident immer fester schlie-
ßen. Auch das wird Kriegsfrucht sein!“
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Die Budapester
Tagung fand in der Presse aller Verbündeten ein großes
Echo, selbstverständlich auch in der „Freien Donau“.
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Nach Abschluss dieser Konferenz rief Held die rund
fünfzig deutschen Teilnehmer zu einer gesonderten Sitzung
zusammen und legte ihnen seine Planungen zur „Rhein-
Main-Donau-Großschifffahrtsstraße“ vor. Sie umfassten
vor allem auch deren „Finanzierung im gemischt-wirt-
schaftlichem System“, und diese fand breite Zustimmung.
Abschließend wurde ein „Arbeitsausschuss“ gewählt, dem
Held und die Oberbürgermeister von Frankfurt am Main
und Nürnberg angehörten. Sie sollten „die nötigen Schritte
bei den Städten, bei den Handelskammern, bei Handel und
Industrie in Bayern und im übrigen Deutschland, sowie bei
den Landes- und Reichsbehörden tun, um das Unterneh-
men im gemischtwirtschaftlichen System zur Durchfüh-
rung zu bringen. Zunächst aber sollte die Angelegenheit
vertraulich behandelt werden.“
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Ende September machte Held dem bayerischen Ver-
kehrsminister „vertrauliche Mitteilung vom Stand der
Dinge“, und dieser unterrichtete den König davon, der
ihm dazu eigens eine Audienz gewährte. Ludwig III. war
„sehr befriedigt über die Wendung der Dinge“ und wies
den Minister an, dem Wunsche Helds entsprechend tätig
zu werden. Im Ministerium wurde nun die Arbeit für eine
Projektvorlage an den Landtag aufgenommen, die sich
32 „Die freie Donau“ vom 15.09.1916, S. 12.
33 Bericht Helds in der „Freien Donau“ vom 15. September 1916, S. 9–12.
34 Held/Brüschwien (wie Anm. 1), S. 97.