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„Ein Denkmal des Friedens und der Arbeitskraft des Deutschen Reiches“

Einsichten und Perspektiven 1 | 17

alle Vorarbeiten für die Donauregulierung und die Kanal-

verbindung getan werden, damit die eigentlichen Durch-

führungsarbeiten sofort mit Kriegsende beginnen können.

[…] Je schneller die Vorarbeiten abgeschlossen werden,

umso besser sind wir in der Lage, alsbald nach Friedens-

schluß Tausenden und Abertausenden der aus dem Felde

zurückströmenden, Arbeit heischenden Kriegern eine auf

Jahre dauernde lohnende Beschäftigung zuzuweisen bei

den Strom- und Kanalbauten.[…] Das deutsche Volk hat

die Kraft auch im schwersten aller Kriege die gewaltige Tat

zu vollbringen. Ist sie doch unerläßliche Voraussetzung

für seinen wirtschaftlichen Wideraufbau nach dem Kriege

und seine glückliche Entwicklung, für den Ausbau seiner

wirtschaftlichen und politischen Freundschaftsbeziehun-

gen zu Österreich-Ungarn und den Balkanstaaten und

für die die militärische Sicherung und Zusammenfassung

aller Kräfte Mitteleuropas!“

Auf der Zielgeraden: Vom Landtagsbeschluss zur

Gründung des „Stromverbandes“

Die Einholung des schon dargestellten Landtagsbeschlus-

ses war damit kaum mehr als eine Formsache und diente

vor allem der „Öffentlichkeitsarbeit“. Helds Ausführun-

gen enthielten nur eine, allerdings wesentliche neue Infor-

mation: Held – und ihm folgend die Staatsregierung –

traten nunmehr für eine Beteiligung des Reiches an dem

Projekt ein! Der Grund dafür war, dass sich das Verhältnis

zwischen Bayern und dem Reich im Verlauf des Jahres

1916 erheblich verbessert hatte. Und daran hatten Hein-

rich Held und Emil Stauß einen großen Anteil.

Noch zu Beginn des Jahres musste Bayern fürchten,

dass seine wirtschaftlichen Interessen vom Reich ignoriert

wurden. Denn die Zentrale der staatlich reglementierten

Kriegswirtschaft war in Berlin, und hier hat man auf die

Interessen und Nöte Bayerns kaum Rücksicht genommen.

Ein wichtiger Teil dieser Bürokratie war die dem Reichs-

amt des Inneren angegliederte „Zentrale Einkaufsgesell-

schaft m.b.H.“ (Z.E.G.). Sie baute eine eigene Donauflotte

auf, die dem Bayerischen Lloyd 1915 das Wasser abzu-

graben drohte. Im Februar 1916 erhielt das Reichsamt

jedoch einen neuen Chef: Karl Theodor Helfferich. Dieser

Finanzwissenschaftler war 1906 vom Staatsdienst in den

der Deutschen Bank übergetreten, für die er bis 1915 vor

allem in der Türkei tätig war.

40

Mit ihm setzten sich nun

Stauß und Held in Verbindung. Sie erreichten, dass Helf-

40 Karl Erich Born: „Helfferich, Karl“ in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969),

S. 470ff.

ferich noch im gleichen Jahr anordnete, die Z.E.G.- Flotte

dem Bayerischen Lloyd zu überlassen, wodurch das Reich

zugleich zu dessen Miteigentümer wurde. Auch in ande-

ren Bereichen erwies sich Helfferich als ein zuverlässiger

Fürsprecher bayerischer Interessen.

Helfferichs Entgegenkommen ist vor dem Hintergrund

starker Spannungen zwischen Bayern und dem Reich zu

sehen. Deren Ursachen wurden im Februar 1917 auch

im Landtag thematisiert: „Bayern hat selbstverständlich

den gleichen Anteil an den Kriegsausgaben wie das übrige

Reich, während es wirtschaftliche Vorteile aus dem Kriege

nur in wesentlich geringerem Umfange zu erringen Gele-

genheit hatte. Deshalb, meine ich, hat das Reich die unbe-

dingte moralische Verpflichtung, zu den Kosten des Aus-

baus seinen entsprechenden Anteil zu leisten. Wir werden

uns unter gar keinen Umständen von dieser durchaus

berechtigten Forderung abbringen lassen.“ 

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Dieser Anspruch Bayerns auf eine angemessene Beteili-

gung des Reiches an der Finanzierung seiner Wasserstraßen

als Ausgleich für die erlittene Schädigung der bayerischen

Wirtschaft durch die vom Reich zu verantwortende Orga-

nisation der Kriegswirtschaft sollte sich in der Folge als ein

äußerst wirksames Instrument erweisen. Und dies weit über

das Ende des Krieges hinaus. Denn der Tatsache, dass die-

ser Anspruch vom Reich als berechtigt anerkannt wurde, ist

letztlich dessen Beteiligung an der Rhein-Main-Donau-AG

in der Form zuzuschreiben, wie sie 1921 zustande kam.

Die Schritte dazu sollen nur mehr umrissen werden:

Am 6. März 1917 brachte das Zentrum im Haushalts-

ausschuss des Reichtags den Antrag ein, dass das Reich

die Planungsarbeiten mit zwei Millionen Mark, verteilt

auf die nächsten drei Jahre, unterstützen sollte. Dieser

erhielt am 17. Mai 1917 ohne Debatte die Zustimmung

des Reichstags. Helfferich sorgte dafür, dass dieser Antrag

ohne jede Beanstandung den Bundesrat passierte.

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Damit konnte der nächste Schritt erfolgen: Die Bil-

dung eines „gemischt-wirtschaftlichen Stromverbandsun-

ternehmens“, dem neben Bayern und dem Reich alle am

Bau dieser Großschifffahrtstraße Interessierten angehör-

ten: öffentliche Körperschaften, Banken und Unterneh-

mer. Die Initiative dazu ergriff Held am 1. März 1917 auf

einer vom mittelrheinischen Fabrikantenverein in Mainz

41 Abgeordneter Haeberlein, 361. Sitzung vom 22.02.1917, Kammer der Ab-

geordneten, Stenographische Berichte 1917, Bd. 15, S. 100.

42 Mitteilung von Mayer-Kaufbeuren an Held vom 07.05.1917, HSTAM,

Nachlass Held 1395.