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„Ein Denkmal des Friedens und der Arbeitskraft des Deutschen Reiches“
Einsichten und Perspektiven 1 | 17
Deutschland und Österreich-Ungarn jetzt anbahnt“ und
von größter Bedeutung sei. Ihr gebühre der Vorzug vor
allen anderen Projekten, denn sie sei unersetzlich. Begin-
nen müsse man sofort und an zwei Stellen: Die Main
kanalisierung sei „möglichst tief nach Bayern hereinzufüh-
ren, weil damit der Anschluß Bayerns an das rheinische
Industriegebiet gewonnen wird. Ganz das gleiche gilt aber
auch vom Ausbau der Großschiffahrt auf der Donau selbst.
Es steht außer allem Zweifel, daß die Durchführung eines
Donaugroßsschiffahrtswegs zunächst bis Regensburg nicht
erst mit dem Ausbau der ganzen Rhein-Donau-Wasser-
straße, sondern sofort einen ganz erheblichen wirtschaftli-
chen Nutzen in Aussicht stellt und dass dieser Nutzen mit
verhältnismäßig geringer Mühe erreicht werden kann.“
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Am 1. Januar 1916 trat Held dann mit einer neuen
Zeitschrift an die Öffentlichkeit.
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Sie hieß zunächst
„Die Donau“, ab Juli 1916 dann „Die freie Donau“ und
sollte der „Förderung des Verkehrs, des Handels und der
Industrie auf und an der Donau und den mit ihr zusam-
menhängenden Flüssen und Kanälen“ dienen: „Es ist vor-
bereitende Arbeit zu leisten für einen intensiven Großver-
kehr über die Donau, es gilt, das, was an Verkehr und für
den Verkehr über diesen Strom schon gegeben ist, jetzt
mit besonderer Kraftentfaltung weiter zu pflegen und zu
heben.“ Das Reich sah er in der Pflicht, Bayern hierbei
zu unterstützen: „Wir Bayern sind auch Deutsche und
daß wir gute Deutsche sind, das haben unsere Landsleute
auf allen Schlachtfeldern im Westen, Osten und Süden
genugsam bewiesen. Darum sind auch wir berechtigt zu
fordern, daß wir an den mit kostbarem Blut erkämpften
Vorteilen voll und ganz teilnehmen, dass Handel und Ver-
kehr gleichheitlich auf alle Teile des fest gegründeten deut-
schen Reiches verteilt werden.“
Mit dieser Zeitschrift hat Held aktiv in die damals voll
entbrannte Kriegs- und Friedenszieldebatte eingegriffen
und dabei jene Vorstellungen propagiert, in denen der
Donau eine zentrale Rolle zugedacht war. Diese Funktion
hat seine Zeitschrift sehr gut erfüllt, denn sie wurde sowohl
von der Politik wie von einer breiteren Öffentlichkeit rezi-
piert, und dies weit über Bayern hinaus. Das war Held
sehr wichtig, wusste er doch, dass das Projekt nur dann
eine Chance auf Realisierung hatte, wenn es auch von der
west- und norddeutschen Wirtschaft unterstützt wurde.
Eine direkte Beteiligung des Reiches an diesem Projekt
aber lehnte Held zu diesem Zeitpunkt ab. So erklärte er
23 Fortsetzung in „Die Donau“ vom 01.03.1916, S. 9 f.
24 „Die freie Donau“ v. 15.12.1916, S. 2.
am 24. Februar 1916 im Landtag, dass die „ganze Kana-
lisierungsangelegenheit“ eine bayerische Angelegenheit sei
und bleiben müsse.
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Denn damals fürchte Held, dass dann, wenn das Reich
Einfluss auf das Projekt bekäme, Bayerns Interessen auf
der Strecke blieben, und dafür hatte er gute Gründe. Zu
diesem Zeitpunkt nämlich war Bayern vom Schiffsverkehr
auf der Donau nahezu vollständig abgekoppelt. Die von
Bulgarien und Rumänien aus donauaufwärts transportier-
ten Waren – vor allem Getreide und Mineralölprodukte –
wurden bereits in ungarischen Häfen auf die Eisenbahn
umgeladen, im Gegenzug zum militärischen Nachschub
in die Balkanstaaten und in das Osmanische Reich. Es
bestand somit die Gefahr, dass das Reich die Verkehrsachse
zum Balkan in einer Weise ausbauen könnte, bei der Bay-
ern links liegen gelassen würde. Tatsächlich fand das von
Österreich favorisierte Projekt einer Verbindung zwischen
der Donau und der Elbe damals große Unterstützung.
25 Sitzung am 24.2.1916, Kammer der Abgeordneten, Stenographische Be-
richte 1915/16, Bd. 13, S. 352 f.
Dr. Otto Geßler (1875–1955), DDP-Politiker und Reichswehrminister, Auf-
nahme aus dem Jahr 1928
Foto: SZ Photo/Scherl