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„Ein Denkmal des Friedens und der Arbeitskraft des Deutschen Reiches“
Einsichten und Perspektiven 1 | 17
Maßgeblich an der Umsetzung dieser Projekte beteiligt
war Emil Georg Stauß, der schon das Erdölgeschäft der
Deutschen Bank in Rumänien aufgebaut hatte. Er gilt
als eine der aktivsten, aber auch schillerndsten Führungs-
kräfte dieser Bank. 1898 trat er im Alter von 22 Jahren
in die Bank ein und arbeitete sich rasch empor.
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Parallel
zu seinem beruflichen Aufstieg verlief sein gesellschaftli-
cher, wozu seine Heirat erheblich beitrug. Seine Frau war
eine Tochter des Admirals Georg Alexander v. Schnei-
der, Chef des Marinekabinetts und Generaladjutant des
Kaisers.
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Spätestens seither fühlte sich Stauß, der 1917
geadelt wurde, dem Reich verpflichtet: „Stauß galt als aus-
gesprochen politischer Bankier. Geprägt durch die umfas-
senden Erfahrungen, die er während des Kaiserreichs und
der Weimarer Republik gewonnen hatte, sah er in seinem
Engagement für die Politik vor allem die Aufgabe, Verbin-
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Lothar Gall: Die Deutsche Bank, München 1995, S. 70, S. 159. S. auch Biographie des „Historischen Instituts der Deutschen Bank“, www.bank geschichte.de/de/content/850.html [Stand: 09.01.2017].14
Frank Nägler: Müller, Georg von, in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 391–392 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/ gnd119087111.html#ndbcontent [Stand: 09.01.2017].dungen zur Regierung aufzubauen, unabhängig davon,
welche Gestalt diese Regierung hatte.“ Ab 1907/08 war
Stauß auch in den Geschäftsfeldern „Anatolische Eisen-
bahngesellschaft“, „Bagdadbahngesellschaft“ und „Türki-
sche Petroleum AG“ tätig, die vor allem wegen der damals
in Mesopotamien aufgefundenen Ölvorkommen von gro-
ßer politisch-strategischer Bedeutung waren.
Durch diese Verlagerung der Aktivitäten der Deutschen
Bank nach Kleinasien drohte die gerade erst begonnene
Entwicklung der Mineralölindustrie in Bayern abgewürgt
zu werden. Denn während die Mineralölimporte via
Donau auf niedrigem Niveau stagnierten, stiegen die auf
dem Seeweg abgewickelten weiter stark an. Damit drohte
Bayern bei der Versorgung mit diesem immer wichtiger
werdenden Rohstoff über kurz oder lang genauso benach-
teiligt zu werden, wie dies bisher schon bei der Versorgung
mit Steinkohle der Fall war. Das über den Seeweg impor-
tierte Öl hatte nach Bayern den längsten Weg zurückzu-
legen, und davon stets einen Teil per Bahn, wodurch es
hier deutlich teurer sein musste als in anderen Regionen
Deutschlands. Um diese Entwicklung zu verhindern, gab
es nur einen Weg: Die Zufuhr von Mineralölprodukten
auf der Donau musste erheblich gesteigert werden.
Vorbote des Krieges: Die Gründung des Bayerischen
Lloyd
Mit dem Ausbau der Donau und der Häfen hatte Bayern
wichtige Vorleistungen für eine leistungsfähige Schifffahrt
auf der Donau erbracht, die auch der Deutschen Bank,
vor allem aber dem Reich zugute kamen. Während die
Bank von den niedrigeren Transportkosten profitierte,
war der Nutzen des Reiches politisch-strategischer Natur.
Realisiert werden konnte dieser aber nur durch den Auf-
bau einer leistungsfähigen deutschen Donauflotte. Beson-
ders wichtig war diese für das Reich. Denn im Falle eines
Krieges in jener Konstellation, wie er sich 1912 abzeich-
nete, waren Rumänien und Galizien die einzigen leis-
tungsfähigen Erdölregionen, zu denen man Zugang hatte.
Deren Anteil am Mineralölimport des Reiches lag 1913
bei immerhin 27 Prozent. Aber diese Importe wurden
bisher größtenteils über die „Levantelinie“ abgewickelt.
Im Falle eines Krieges mussten diese Transporte auf die
Bahn und die Binnenwasserstraßen verlagert werden.
Lösbar erschien diese Aufgabe nur dann, wenn es gelang,
einen großen Teil des Öls von Rumänien bis Regensburg
per Schiff zu transportieren, da die im Kriegsfall ohnehin
stark belastete Eisenbahn damit überfordert sein musste.
Dieser Aufgabe aber war die Donauschifffahrt im beste-
henden Zustand nicht gewachsen. Wegen der streckenweise
Emil Georg Stauß (1877–1942), Bankmanager und Generaldirektor der
Deutschen Bank im Jahr 1929
Foto: SZ Photo/Imagno