Table of Contents Table of Contents
Previous Page  63 / 80 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 63 / 80 Next Page
Page Background

63

„Ein Denkmal des Friedens und der Arbeitskraft des Deutschen Reiches“

Einsichten und Perspektiven 1 | 17

Maßgeblich an der Umsetzung dieser Projekte beteiligt

war Emil Georg Stauß, der schon das Erdölgeschäft der

Deutschen Bank in Rumänien aufgebaut hatte. Er gilt

als eine der aktivsten, aber auch schillerndsten Führungs-

kräfte dieser Bank. 1898 trat er im Alter von 22 Jahren

in die Bank ein und arbeitete sich rasch empor.

13

Parallel

zu seinem beruflichen Aufstieg verlief sein gesellschaftli-

cher, wozu seine Heirat erheblich beitrug. Seine Frau war

eine Tochter des Admirals Georg Alexander v. Schnei-

der, Chef des Marinekabinetts und Generaladjutant des

Kaisers.

14

Spätestens seither fühlte sich Stauß, der 1917

geadelt wurde, dem Reich verpflichtet: „Stauß galt als aus-

gesprochen politischer Bankier. Geprägt durch die umfas-

senden Erfahrungen, die er während des Kaiserreichs und

der Weimarer Republik gewonnen hatte, sah er in seinem

Engagement für die Politik vor allem die Aufgabe, Verbin-

13

Lothar Gall: Die Deutsche Bank, München 1995, S. 70, S. 159. S. auch Biographie des „Historischen Instituts der Deutschen Bank“, www.bank geschichte.de/de/content/850.html [Stand: 09.01.2017].

14

Frank Nägler: Müller, Georg von, in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 391–392 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/ gnd119087111.html#ndbcontent [Stand: 09.01.2017].

dungen zur Regierung aufzubauen, unabhängig davon,

welche Gestalt diese Regierung hatte.“ Ab 1907/08 war

Stauß auch in den Geschäftsfeldern „Anatolische Eisen-

bahngesellschaft“, „Bagdadbahngesellschaft“ und „Türki-

sche Petroleum AG“ tätig, die vor allem wegen der damals

in Mesopotamien aufgefundenen Ölvorkommen von gro-

ßer politisch-strategischer Bedeutung waren.

Durch diese Verlagerung der Aktivitäten der Deutschen

Bank nach Kleinasien drohte die gerade erst begonnene

Entwicklung der Mineralölindustrie in Bayern abgewürgt

zu werden. Denn während die Mineralölimporte via

Donau auf niedrigem Niveau stagnierten, stiegen die auf

dem Seeweg abgewickelten weiter stark an. Damit drohte

Bayern bei der Versorgung mit diesem immer wichtiger

werdenden Rohstoff über kurz oder lang genauso benach-

teiligt zu werden, wie dies bisher schon bei der Versorgung

mit Steinkohle der Fall war. Das über den Seeweg impor-

tierte Öl hatte nach Bayern den längsten Weg zurückzu-

legen, und davon stets einen Teil per Bahn, wodurch es

hier deutlich teurer sein musste als in anderen Regionen

Deutschlands. Um diese Entwicklung zu verhindern, gab

es nur einen Weg: Die Zufuhr von Mineralölprodukten

auf der Donau musste erheblich gesteigert werden.

Vorbote des Krieges: Die Gründung des Bayerischen

Lloyd

Mit dem Ausbau der Donau und der Häfen hatte Bayern

wichtige Vorleistungen für eine leistungsfähige Schifffahrt

auf der Donau erbracht, die auch der Deutschen Bank,

vor allem aber dem Reich zugute kamen. Während die

Bank von den niedrigeren Transportkosten profitierte,

war der Nutzen des Reiches politisch-strategischer Natur.

Realisiert werden konnte dieser aber nur durch den Auf-

bau einer leistungsfähigen deutschen Donauflotte. Beson-

ders wichtig war diese für das Reich. Denn im Falle eines

Krieges in jener Konstellation, wie er sich 1912 abzeich-

nete, waren Rumänien und Galizien die einzigen leis-

tungsfähigen Erdölregionen, zu denen man Zugang hatte.

Deren Anteil am Mineralölimport des Reiches lag 1913

bei immerhin 27 Prozent. Aber diese Importe wurden

bisher größtenteils über die „Levantelinie“ abgewickelt.

Im Falle eines Krieges mussten diese Transporte auf die

Bahn und die Binnenwasserstraßen verlagert werden.

Lösbar erschien diese Aufgabe nur dann, wenn es gelang,

einen großen Teil des Öls von Rumänien bis Regensburg

per Schiff zu transportieren, da die im Kriegsfall ohnehin

stark belastete Eisenbahn damit überfordert sein musste.

Dieser Aufgabe aber war die Donauschifffahrt im beste-

henden Zustand nicht gewachsen. Wegen der streckenweise

Emil Georg Stauß (1877–1942), Bankmanager und Generaldirektor der

Deutschen Bank im Jahr 1929

Foto: SZ Photo/Imagno