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„Ein Denkmal des Friedens und der Arbeitskraft des Deutschen Reiches“

Einsichten und Perspektiven 1 | 17

Im Februar 1912 fanden vorgezogene Neuwahlen statt,

die dem Zentrum die absolute Mehrheit verschafften. Auf

Drängen Ludwigs setzte Prinzregent Luitpold nun eine

Regierung ein, an deren Spitze mit Georg von Hertling

gleichfalls ein Zentrumspolitiker stand. Damit hatte Bay-

ern erstmals eine Regierung, die sich auf die parlamentari-

sche Mehrheit stützen konnte. Und diese verfolgte nun eine

Wirtschafts- und Verkehrspolitik, wie sie den Vorstellungen

des Prinzen entsprach, der am 12. Dezember 1912 die

Regentschaft antrat. Seither zogen Regent, Regierung und

Parlament am gleichen Strang. Damit aber erhielt auch das

Projekt „Großschiffahrtsstraße“ einen neuen Stellenwert.

Denn Held hatte nach seinem Eintritt in die Abgeord-

netenkammer seine wichtigste Aufgabe darin gesehen, die

Zentrumsfraktion davon zu überzeugen, dass die wirt-

schaftliche Leistungsfähigkeit Bayerns gesteigert werden

müsse. Wenn man sich gegen Preußen behaupten wolle,

wie es das Bayerische Zentrum erklärtermaßen wolle, so

müsse man Industrie, Gewerbe und Handel fördern.

Dass diese Überzeugungsarbeit Früchte trug, zeigte sich

in der Haushaltsdebatte des Jahres 1912. Die Abgeordne-

ten nahmen hier einstimmig einen Antrag an, mit dem die

Staatsregierung aufgefordert wurde, die Frage einer „Fort-

setzung der Schiffbarmachung des Mains von Aschaffen-

burg aufwärts nach ihrer technischen und wirtschaftlichen

Seite eingehend zu untersuchen.“ 

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Diese Prüfung erfolgte

umgehend, und 1914 legte die Regierung eine entspre-

chende Denkschrift vor. Darin wurde das Projekt grund-

sätzlich befürwortet, aber auch geraten, abzuwarten, wie

sich die Mainkanalisierung auswirke, ehe man entscheide,

wie man weiter verfahren wolle.

Damit lag der Bau eines neuen Kanals auch 1914 noch

immer in weiter Ferne. Denn die Absichtserklärung, den

Ausbau des Mains fortzusetzen, war zwar ein Schritt in

diese Richtung, aber ihm mussten nicht zwangsläufig

weitere folgen. Diese Maßnahme war auch für sich selbst

genommen wirtschaftlich sinnvoll, und eine Anbindung

des Mains an die Donau war keineswegs zwingend. Zumal

die gewaltigen finanziellen Mittel, die ein solcher Kanal

erforderte, an anderer Stelle fehlen mussten. So etwa zum

Ausbau einer anderen Wasserstraße, die damals einen gro-

ßen Aufschwung erlebte.

Aus dem Dornröschenschlaf erwacht: Die Donau zu

Beginn des 20.Jahrhunderts

Hatten Zollverein und Deutsches Reich den wirtschaft-

lichen Stellenwert des Mains sukzessiv erhöht, so hatten

sie den der Donau im Gegenzug gemindert. Denn je

enger die wirtschaftlichen Verbindungen Bayerns nach

dem Nordwesten wurden, desto schwächer entwickelten

sie sich nach Südosten. Das schlug sich vor allem in der

Vernachlässigung der Schifffahrt auf der Donau seitens

des bayerischen Staates nieder. 1862 verkaufte der Staat

die „Königlich-bayerische Donau-Dampfschifffahrtsgesell-

schaft“ an die „1. K. K. privilegierten Donau-Dampfschif-

fahrts-Gesellschaft“ (DDSG). Diese stellte den Verkehr

von Regensburg flussaufwärts 1874 ein und schränkte den

donauabwärts deutlich ein. Ein Grund dafür war, dass der

Staat an der Donau kaum noch Wasserbaumaßnahmen

durchführte, die der Verbesserung der Schifffahrtsver-

hältnisse dienten.

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Nur auf der Strecke von Regensburg

flussabwärts wurden noch die zur Aufrechterhaltung der

Schifffahrt nötigen Arbeiten durchgeführt; doch auch hier

wurde lange nicht in eine Verbesserung der Schifffahrts-

verhältnisse investiert. Erst in den 1880er Jahren zeigte

der Staat wieder eine größere Bereitschaft dazu.

1891 begannman damit, die Schifffahrtsverhältnisse auf

dem problematischsten Abschnitt zwischen Regensburg

5 19. Sitzung der Kammer der Abgeordneten am 28.03.1912, Stenographi-

sche Berichte 1912, Bd.1, S. 85.

6 Wiedemann: Die Donauwasserstraße von Passau bis Regensburg, in: Paul

Schwarz (Hg.): Die bayerische Donau und die Petroleum-Industrie, Re-

gensburg 1914, S.12–15.

Der Regensburger Staatshafen um 1913. Zu den wichtigsten Maßnahmen, mit

denen die Donau seit Ausgang des 19. Jahrhunderts als Wasserstraße aufge-

wertet wurde, zählte der Bau des Staatshafens in Regensburg. Der „Luitpolt-

hafen“ ging 1910 in Betrieb und umfasste einen geräumigen „Umschlag- und

Winterhafen“ – hier im Bild – sowie einen separaten „Petroleumhafen“.

Foto: entnommen aus: Handelskammer Regensburg (Hg.): Die Industrie der

Oberpfalz in Wort und Bild, 1914, S. 140