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Zur Diskussion gestellt: CETA

Einsichten und Perspektiven 1 | 17

Die vereinbarten ergänzenden verbindlichen Erklärungen

der EU und Kanadas mit Klarstellungen und Präzisierun-

gen zu einigen in der Öffentlichkeit strittig diskutierten

Themenbereichen bestärken nochmals den schon jetzt

positiven Ansatz.

CETA kann insgesamt in vielen Punkten als Blaupause

für die weitere Verhandlungsführung mit den USA die-

nen. Was hier erreicht wurde, muss prinzipiell auch bei

TTIP möglich sein. Aber bei TTIP stellt sich, im Hin-

blick auf die Wahl von US-Präsident Trump, aktuell die

grundsätzliche Frage, ob und wie es mit dem Handels-

abkommen überhaupt weitergeht. Derzeit liegen die

Verhandlungen auf Eis. Trump hat die traditionelle Frei-

handelspolitik der USA infrage gestellt und sie für den

Verlust von heimischen Arbeitsplätzen verantwortlich

gemacht. Ob dies bedeutet, dass er nach dem Ausstieg

aus TPP und der Ankündigung, NAFTA zu kündigen

oder zumindest neu zu verhandeln, auch TTIP nicht wei-

terverfolgen will, bleibt abzuwarten. Entscheidend wird

sein, wie das konkrete Regierungsprogramm der USA

aussehen und wie sich dann die neue Regierung zu TTIP

positionieren wird. Derzeit ist nicht abzuschätzen, ob

und wenn ja, wann die Verhandlungen wieder aufgenom-

men werden können.

Sollte Trump eine protektionistische Wirtschaftspo-

litik der USA umsetzen, bei der auch TTIP scheitern

würde, würde sich dies aufgrund der Bedeutung der

USA insbesondere für den bayerischen Export deutlich

negativ auf die bayerische Wirtschaft auswirken. Deswe-

gen sollten von europäischer Seite die Bemühungen um

TTIP in jedem Fall fortgesetzt werden. Gegenüber der

neuen US-Regierung sollte frühzeitig mit der Bedeutung

der engen transatlantischen Verflechtung und damit von

TTIP auch für die USA und ihre Wirtschaft argumen-

tiert werden.

Bei CETA erfolgte die Unterzeichnung des Abkom-

mens am 30. Oktober 2016, nachdem die Bedenken aus

den belgischen Regionen aus dem Weg geräumt werden

konnten. Im Rahmen der Unterzeichnung haben die EU

und Kanada auch ein verbindliches Auslegungsinstru-

ment zu einigen in der Öffentlichkeit strittig diskutierten

Themenbereichen vereinbart. 

4

Zusätzlich haben die EU-

Kommission, der Rat der EU sowie diverse Mitgliedstaa-

ten Erklärungen zu CETA abgegeben, die einen integra-

4

Vgl. http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-13541-2016-INIT/ de/pdf [Stand: 01.03.2017].

tiven Teil des Beschlusses des Rates zur Unterzeichnung

von CETA darstellen.

5

Und am 15. Februar 2017 hat das

Europäische Parlament dem CETA-Abkommen zuge-

stimmt.

Es folgt nunmehr die Ratifizierung in den EU-Mit-

gliedstaaten. In Deutschland muss zur Ratifizierung ein

Vertragsgesetz des Bundestages unter Mitwirkung des

Bundesrates verabschiedet werden. Die Befassung der

Mitgliedstaaten ist erforderlich, da es sich bei CETA um

ein sog. „gemischtes Abkommen“ handelt, das neben den

Themen der EU-Zuständigkeit auch Inhalte abdeckt, für

die die Mitgliedstaaten zuständig sind. CETA ist dabei

nicht das erste Freihandelsabkommen der EU, das als

gemischtes Abkommen abgeschlossen wurde. Erst nach

der Ratifikation durch alle Mitgliedstaaten erfolgt die Ent-

scheidung über den Abschluss des Abkommens durch den

Rat der EU.

Da sich die insgesamt 28 nationalen Ratifizierungs-

verfahren zu CETA erfahrungsgemäß über mehrere Jahre

hinziehen können (beim gemischten Freihandelsabkom-

men der EU mit Korea hat dies insgesamt fünf Jahre

gedauert), die Vorteile von CETA, wie beispielsweise der

Zollabbau oder der verbesserte Zugang zu den öffentli-

chen Ausschreibungen in Kanada, aber möglichst schnell

wirksam werden sollen, soll CETA gemäß Beschluss des

Rates der EU

6

vorläufig angewendet werden.

Die vorläufige Anwendung von Abkommen der EU

mit Drittstaaten ist im Vertrag über die Arbeitsweise der

Europäischen Union vorgesehen und entspricht auch bei

Handelsabkommen der üblichen Praxis. Die vorläufige

Anwendung internationaler Abkommen ist auch keine

Besonderheit des EU-Handelsrechts. Auch Artikel 25 des

Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge

ermöglicht allgemein die vorläufige Anwendung von völ-

kerrechtlichen Verträgen.

Wichtig ist dabei, dass sich bei einem gemischten

Abkommen die vorläufige Anwendung aber nur auf die-

jenigen Teile des Abkommens beziehen darf, die in der

Zuständigkeit der EU liegen. Dies wurde so auch bei

CETA im Ratsbeschluss zur vorläufigen Anwendung

deutlich gemacht.

Mit der Zustimmung des Europäischen Parlaments

zu CETA am 15. Februar 2017 ist der Weg frei für die

vorläufige Anwendung von CETA in seinen EU-Teilen.

5

Vgl. http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-13463-2016-REV-1/ de/pdf [Stand: 01.03.2017].

6

Vgl. http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32017D 0038&from=DE [Stand: 01.03.2017].