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Historische Darstellungen in Computerspielen

Einsichten und Perspektiven 4 | 15

maßen für seine eingebetteten Erzählungen gelobt, bei der

die Geschichte vom Spieler nach und nach durch Fund-

stücke, Andeutungen und Schlussfolgerungen aufgedeckt

wird.

Narration im Spiel ist damit nicht nur über die von

einem Autor vorgegebene Geschichten möglich, die

evoziert oder aufgeführt werden, sondern ebenso über

Spielerhandlungen oder Rekonstruktionsleistungen. Als

Kombination dieser Verfahren können in manchen Spie-

len verschiedene Geschichten in Abhängigkeit der Spie-

lerhandlung erlebt werden, so dass sich in jedem Spiel ein

anderer Handlungsverlauf ergibt, die von einer einfachen

Variation zu komplett neuen Handlungssträngen reichen

kann. Das Spiel

Beyond: Two Souls

(Quantic Dream,

2013) bietet elf verschiedene narrative Abschlüsse, die je

nach Verhalten des Spielers während des Spiels und der

letzten Szenen ausgewählt werden.

Audiovisuelle Bildwelten und Erzählungen sind cha-

rakteristische Merkmale von Filmen. Aus diesem Grund

werden Computerspiele vor allem von Nicht-Spielern

gerne als interaktive Filme gesehen, die sich ihrem Leit-

medium immer weiter annähern, es allerdings noch lange

nicht erreicht haben. Das Besondere an Computerspielen

ist jedoch nicht nur ihre Interaktivität, sondern vor allem

ihre Regelhaftigkeit – Computerspiele sind zunächst ein-

mal Spiele. Dieser Aspekt soll in Anlehnung an die übri-

gen Begriffe als

Ludition

bezeichnet werden soll, von lat.

ludus

: Spiel. Die Regeln der Computerspiele definieren

Ziele, Handlungsmöglichkeiten, um sie zu erreichen,

Hindernisse, die dabei als Herausforderungen im Weg

stehen, und Ressourcen zur Unterstützung. Erst durch

diese Elemente entsteht ein interaktiver Erfahrungsraum,

der als „Spiel“ bezeichnet werden kann. Doch Regeln sind

mehr als reine Handlungsnormen. Wenn in

The Sims

(EA,

2000) die Zufriedenheit der Spielfigur im Wesentlichen

mit ihrem materiellen Wohlstand steigt, ahnt man, dass

diese Systeme keineswegs nur harmlose Spielregeln sind,

sondern in ihrem kulturellen Kontext eine ganz eigene

mediale Kraft entfalten können. Durch die Angabe von

Spielzielen und Bedingungen, unter denen das Spiel als

gewonnen gilt, lässt sich das Verhalten der Spieler steu-

ern und im Zusammenhang mit der Narration symbo-

lisch und damit medial kontextualisieren. Im Rahmen

des Spiels werden die Spielhandlungen bedeutungsvoll,

gerade dadurch, dass sie vom Spieler ausgeführt werden.

Im Gegensatz zu allen anderen Medien wie Büchern,

Filmen oder Musikaufnahmen sind Computerspiele keine

fertigenWerke, die rezipiert werden können, sie benötigen

immer einen aktiv handelnden Spieler bzw. eine Spiele-

rin. Seine oder ihre

Performanz

, die vom Umgang mit der

Spielsteuerung über die Auswahl der möglichen Aktionen

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Bild : Electronic Arts GmbH