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Von Elser und seinem Bild in den Augen der anderen

Einsichten und Perspektiven 3 | 15

Gleiwitz durch die Polen, die als Rechtfertigungsgrund

für den Einmarsch der Wehrmacht in Polen herhalten

musste. Konnte nicht ein solcher Anschlag einen Krieg

gegen England rechtfertigen? Auch der von den Natio-

nalsozialisten als Organisator des Attentats benannte Otto

Strasser, inzwischen aus der Schweiz ausgewiesen, gab an,

das Attentat sei eine Provokation der Hitlerclique.

Nur wenige trauten sich in vertrautem Kreise zu sagen:

„Schade, dass es nicht geklappt hat!“ Selbst die Exil-SPD

war sich nicht einig: Waren wirklich Hitlergegner die

Attentäter oder steckten die Nationalsozialisten selbst

dahinter? 

31

Erst zwei Wochen nach Elsers Attentat präsentierte

die nationalsozialistische Presse ihn als Täter: „Ruchlo-

ser Mörder, raffiniertes Schweinestück“, kommentierte

Goebbels die Tat in seinem Tagebuch, was schon leise

bewundernd klingt, auch „teuflische Durchführung des

fluchwürdigen Anschlags“ konnte man lesen. 

32

Die Nazi-

Legende von den Engländern als Auftrag- und Geldgeber

und Otto Strasser als Organisator indes hielt sich zäh:

Georg Elser wurde lange nur als Ausführender, als „Werk-

zeug“ betrachtet. Seine Familie, die auch Gefängnis und

Verhöre über sich ergehen lassen musste und eine Zeit

in Berlin festgehalten wurde, konnte es nicht fassen: ihr

Georg der Hitlerattentäter? „Warum hast du das getan,

Schorsch?“ fragte ihn die Mutter. „Weil ich den Krieg ver-

hindern wollte“, er. 

33

Königsbronn wurde in „Attentats-

hausen“ umbenannt, was die Ablehnung Elsers im Dorf

jahrzehntelang prägte. 

34

31 Vgl. Steinbach/Tuchel, S. 96 f.

32 Zit. nach Steinbach/Tuchel, S. 93.

33 Zitat aus Gesprächen der Autorin mit Leonhard Elser, Georgs Bruder.

34 Ebd.

Der von der Gestapo über Elser angelegte Personalbogen vom 15.11.1939

Quelle: Gedenkstätte Deutscher Widerstand/Schweizerisches Bundesarchiv Bern