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Kooperation und Konfrontation

Einsichten und Perspektiven 3 | 15

es innerhalb der Kabinette immer wieder gärte, wofür der

vorzeitige Rücktritt von insgesamt 21 Ministern und Staats-

sekretären bis 1962 und besonders der Bruch der Großen

Koalition 1947 und der Viererkoalition 1957 sprechen.

Gegen Konflikte in den Koalitionen bzw. den sie tragenden

Fraktionen hilft keine Verfassung – unabhängig davon, wie

sehr diese die Regierung stärkt.

Kooperation zwischen Landtag und Regierung

Trotz der geschilderten Auseinandersetzungen waren Land-

tag und Regierung während der gesamten Betrachtungs-

zeit immer wieder zu echter Kooperation fähig – etwa in

der gemeinsam geführten Auseinandersetzung mit Bizo-

nenverwaltung und US-Militärregierung, bei der Bewälti-

gung von Katastrophen wie dem Jahrhunderthochwasser

1954 sowie in grundlegenden Fragen der Landesentwick-

lung. Als gemeinsamer Gegner galt in der ersten Legisla-

turperiode die Militärregierung. Die Amerikaner hatten

zwar die Demokratisierung in Bayern angestoßen und die

Verabschiedung der Verfassung ermöglicht, dass sie aber

auch nach deren Inkrafttreten mit dem Selbstverständ-

nis einer Besatzungsmacht in die Tagespolitik eingriffen,

sahen Landtag und Staatsregierung zunehmend kritisch.

Ministerpräsident Ehard warnte in diesem Zusammen-

hang gar vor einer „mehr oder weniger verschleierte[n]

Militärdiktatur“ der Amerikaner. 

24

Bis 1949 kam es zu

einer Reihe von Auseinandersetzungen, die sich zu ernst-

haften Konflikten entwickelten. Die Eskalationsstufen

bildeten der „Kartoffelkrieg“ mit der Bizonenverwaltung

in der Ernährungskrise 1947/48, 

25

der Kampf gegen die

Umstellung des Schulwesens auf das US-Highschool-

System ab 1948 

26

und der in einen regelrechten Land-

tagsstreik mündende Protest gegen die amerikanischen

Eingriffe in das Strafverfahren gegen den ehemaligen Son-

derminister Alfred Loritz (WAV) 1949. 

27

Loritz galt als

24 Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaf-

ten/Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns (Hg.): Die Protokolle

des Bayerischen Ministerrats 1945–1954. Bd. 4: Das Kabinett Ehard II 20.

September 1947 bis 18. Dezember 1950, bearb. und eingel. von Karl-Ulrich

Gelberg, Teilbd. 1, München 2003, 37. Sitzung, 05.07.1948, TOP II, S. 575.

25 Zum beginnenden „Kartoffelkrieg“ im Herbst 1947 vgl. Wolfgang Benz:

Deutschland unter alliierter Besatzung 1945–1949 (=Gebhardt Hand-

buch der deutschen Geschichte, 22), Stuttgart 2009, S. 160 f.

26 Vgl. dazu ausführlich Winfried Müller: Schulpolitik in Bayern im Span-

nungsfeld von Kultusbürokratie und Besatzungsmacht 1945–1949 (=Quel-

len und Darstellungen zur Zeitgeschichte, 36), München 1995.

27 Vgl. Hans Woller: Die Loritz-Partei. Geschichte, Struktur und Politik der

Wirtschaftlichen Aufbau-Vereinigung (WAV) 1945–1955 (=Studien zur

Zeitgeschichte, 19), Stuttgart 1982, S. 106–112.

Wahlergebnisse aus: Manfred Treml (Hg.): Geschichte des modernen Bayern. Königreich und Freistaat, hg. v.

d. Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, München 2006, S. 549 f.

Sitzverteilung

gesamt: 180

Wahlergebnisse

KPD/DKP

5,3 %

SPD

28,8 %

WAV

5,1 %

FDP

2,5 %

CSU

58,3 %

KPD/DKP: 9

SPD: 51

WAV: 8

FDP: 3

CSU: 109

Landesversammlung 1946

Sitzverteilung

gesamt: 180

Wahlergebnisse

KPD/DKP

6,1 %

SPD

28,6 %

WAV

7,4 %

FDP

5,6 %

CSU

52,3 %

SPD: 54

WAV: 13

FDP: 9

CSU: 104

1946–1950, 1. Legislaturperiode