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Katar: Im Anfang war das Öl

Einsichten und Perspektiven 3 | 15

298 Strafgesetzbuch. Und nicht nur das: Die Ehre ihrer

Familie sei vielen Freiern heilig. Sie müsse vorsichtig sein,

wenn sie nicht bei einem „tragischen Unfall“ ums Leben

kommen wolle.

Kollateralschaden an der Menschenwürde?

Das katarische Strafgesetzbuch ist überschrieben mit den

Worten „Im Namen Gottes, des Allergnädigsten, des Aller-

barmherzigsten“. Zoe sagt, sie habe schon vielen Katarern

erzählt, dass sie

Ladyboy

sei. Nachdem sie ihnen gesagt

habe, dass sie Christin ist und nicht Muslima, sei es für die

meisten okay gewesen. Dass Zoe mit dem Gedanken spielt,

zum Islam zu konvertieren, dürfte ihnen nicht gefallen.

Für Zoe war der Weg nach Doha eine weitreichende

Entscheidung. Sie musste ihr langes Haar abschneiden,

bevor sie in das Flugzeug nach Katar stieg. Auch das Silikon

in ihren Brüsten, das japanische Ärzte einst implantierten,

musste wieder raus und die Hormontherapie abgebrochen

werden. Es war die Bedingung ihres katarischen Arbeitge-

bers, des Inhabers des Friseursalons. Von den restriktiven

Gesetzen und den gesellschaftlichen Tabus in Katar sind

alle betroffen. Auch die Touristen übrigens, wenn es nach

Noch-

FIFA

-Chef Sepp Blatter geht: Seiner Meinung nach

sollen 2022 bei der WM schwule Fußballfans in Katar

„jegliche sexuelle Aktivität unterlassen“. 

49

Homosexuel-

lenverbände zeigten sich erschüttert.

Katar und die Menschenrechte: eine Diskussion, die

das Land durch sein Geltungsbedürfnis auf dem inter-

nationalen Parkett selbst hervorgerufen hat. Auch weil es

sich wie kaum ein anderer Kleinstaat auf der Weltbühne

exponiert hat, muss es sich kritische Nachfragen gefal-

len lassen. „Sport ist der beste Weg, um jedermann auf

dem Globus zu erreichen“, brachte Emir a.D. Hamad

bin Khalifa Al Thani es einmal treffend auf den Punkt.

Dabei handelt es sich nicht um eine Einbahnstraße: Erst

der Fußball hat so auch den Blick auf das Schicksal der

Gastarbeiter gelenkt. Man könnte auch sagen: Einzig

deshalb interessiert sich die Weltöffentlichkeit überhaupt

für die Zustände im Emirat. Darin steckt nicht zuletzt

auch eine große Chance: Katar ist ein Entwicklungsland,

das beweisen kann, dass eine wirtschaftliche Revolution

auch ohne den Kollateralschaden an der Menschenwürde

funktioniert. Das nötige Kleingeld jedenfalls wäre vor-

handen.

49 Ein Videoausschnitt der besagten Pressekonferenz ist nachzusehen beim

Guardian

:

http://www.theguardian.com/football/2010/dec/14/blatter-gay-

fans-qatar-world-cup [Stand: 21.09.2015].

Werbung für die Fußball-WM 2022 an der Kamelrennbahn bei Doha. Auf den Bildern ist

His Highness

Sheikh Hamad bin Khalifa Al-Thani (li.) mit seinem Sohn

His

Excellency

Sheikh Mohammed bin Hamad Al-Thani (Mitte, Chairman of Bidding Qatar) mit WM-Pokal und Noch-FIFA-Präsident Joseph S. Blatter abgebildet.

Foto: ullstein bild/Pressefoto Ulmer