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50 Jahre Sozialwissenschaftliches Gymnasium
Einsichten und Perspektiven 2 | 15
Doch diese Neuerung war vielen Schulen noch nicht
genug: Zu sehr prägte „Hauswirtschaft“ in den Jahrgangs-
stufen 9/10 das Bild vom SWG in der Öffentlichkeit.
Ziel vieler Bemühungen war spätestens seit Mitte der
Neunzigerjahre ein Profilfach, das sich durch die Mittel-
stufe ziehen sollte – ohne jeden Anklang zur traditionellen
Frauenbildung.
Der Arbeitskreis der Direktorinnen und Direktoren
der Sozialwissenschaftlichen Gymnasien sammelte Ideen
für eine Neugestaltung der Lehrpläne. Vier Gymnasien
erprobten in der Folge Lehrplanbausteine als „Alternati-
ven für Hauswirtschaft“ mit den Schwerpunkten „Indivi-
duum und Gesellschaft“ oder „Technik und Gesellschaft“.
Eine der Versuchsschulen war das Olympia-Morata-
Gymnasium in Schweinfurt. Johanna Bonengel, damals
stellvertretende Schulleiterin, betont in ihrem Rückblick
weitere Aspekte der Bausteine, so z.B. die Werteorientie-
rung, verantwortliches und empathisches Handeln, Sozi-
alkompetenz, Eigenkompetenz, Persönlichkeitsbildung
und -entfaltung, Teamfähigkeit, kreative Intelligenz, pra-
xisbezogenes Lernen und Handeln zusammen mit exter-
nen Partnern. Zum Konzept gehörten Projektthemen,
Begleitpraktika und Praktika. 
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Die Bezeichnung „Sozialpraktische Grundbildung“
sollte einheitlich für die Jahrgangsstufen 8–10 gelten und
den Zweig auch nach außen identifizierbarer machen.
Vielen erschien das neue Fach erfreulich zukunftsorien-
tiert, rund 20 Gymnasien schlossen sich ab 1998/99 dem
Modellversuch „Alternativen zum Fach Hauswirtschaft“
an. Inhalte des Fachs waren u.a. Ökologie und Biotech-
nik, Kindheit und Jugend, Politik und Sozialpolitik vor
Ort, soziale Brennpunkte der Industriegesellschaften.
Bei den Methoden lag der Schwerpunkt auf sozialwis-
senschaftlichen und informationstechnischen Verfahren.
Kurz-, Begleit- und Blockpraktika sollten den Unterricht
mit der Realität verbinden.
Der Wandel ging nicht überall völlig komplikationslos
vor sich, musste man sich von mancher Tradition verab-
schieden, z.B. vom umstrittenen „Kochen“ mit Praktikum
in der Schulküche. Das neue Fach griff zwar stellenweise
auf bisherige Themen zurück, setzte aber z.B. mit Bio-
technik und Informationstechnologie neue Akzente mit
starker Betonung der Zukunftsorientiertheit. Bei sozio-
logischen und gesellschaftspolitischen Themen wurden
jetzt wie für Sozialkunde politikdidaktische Überlegungen
relevant.
12 E-Mail an den Verfasser vom 13.3.2014.
„Kochen für Einsteiger“ wird – hier als Wahlkurs am Seligenthal-Gymnasium
Landshut – gerne auch von Jungen wahrgenommen. Und wenn das Kind
einen attraktiven Namen hat, lernt man im „Survivalkurs“ als 14-Jähriger
auch den sicheren Dialog mit Bügeleisen und Hemdkragen wie auch die
Feinmotorik für das Annähen von Knöpfen.
Fotos: Archiv Seligenthal-Gymnasium Landshut
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