Einsichten und Perspektiven 2|15 - page 44

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50 Jahre Sozialwissenschaftliches Gymnasium
Einsichten und Perspektiven 2 | 15
men der Höheren Schule zu sehr an den Erfordernissen
der Knabenbildung orientiert hätten, den spezifischen
Bildungsbedürfnissen der Mädchen jedoch nicht gerecht
würden. 
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Außerdem seien die in Artikel 131 BV genann-
ten Ziele, die Unterweisung von Mädchen in Säuglings-
pflege, Kindererziehung und Hauswirtschaft bislang nicht
ausreichend umgesetzt worden. Mit Blick auf die Doppel-
rolle, die auch Abiturientinnen zu spielen hätten, wenn sie
einen akademischen Beruf ergreifen und die Aufgabe einer
Familienmutter erfüllen wollen, seien auch die Fächer der
höheren Schule entsprechend auszurichten. Aus ihrer
Sicht sollte das Sozialwissenschaftliche Gymnasium für
Mädchen eine neunklassige höhere Schule für Mädchen
werden, die zur vollen Hochschulreife führte. An die Stelle
der dritten Fremdsprache traten die mädchenspezifischen
Fächer Soziallehre, Erziehungslehre und Haushaltslehre.
Außerdem erhielt die Schulform eine höhere Stunden-
ausstattung im Bereich der naturwissenschaftlichen und
musisch-technischen Fächer. Aufgrund der weitgehend
gleichen Struktur der ersten vier Klassen mit den beste-
henden Mädchenrealgymnasien wurde die Möglichkeit
geschaffen, den neuen Zweig problemlos an bestehende
Mädchenbildungseinrichtungen anzugliedern.
Im Schuljahr 1965/66 boten 27 Gymnasien ihren
Schülerinnen den neuen Zweig an, von denen sich damals
vier in staatlicher, zwölf in städtischer und elf in staatlich
anerkannter privater Trägerschaft befanden, davon acht in
katholischer und zwei in evangelisch-lutherischer.
Organisatorisch waren die Anfangsjahre durch eine
Reihe von Herausforderungen geprägt: Es gab für die neuen
Fächer des Zweiges weder spezifisch ausgebildete Lehrkräfte
noch spezielle Schulbücher. Die Schulleiter behalfen sich
damit, Kollegen nach ihren Erfahrungen zu fragen und um
Literaturhinweise zu bitten, die sie an ihre Fachlehrkräfte
weitergaben. Aufgrund der im Vergleich zu den anderen
Ausbildungsrichtungen kleinen Anzahl von „SWG“-Gym-
nasien, ließ sich die Problematik der Lernmittel und der
Lehrerbildung bis heute nicht abschließend lösen.
Stundentafel und Lehrplan des Sozialwissenschaftlichen Gymnasiums 
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4 Vgl. Senninger (wie Anm. 2).
5 Vgl. dazu Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Un­
terricht und Kultus vom 19. Juli 1965 Nr. VIII 66450 sowie die nur hekto­
graphiert vorliegenden Lehrpläne und Lehrplanentwürfe aus den Archiven
mehrerer Schulen.
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