Einsichten und Perspektiven 2|15 - page 37

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Kloane Lüfterl und echte Orkanböen
Einsichten und Perspektiven 2 | 15
dern. Geiselhöring war damals nicht der Ort, wo man eine
ausgeprägte Willkommenskultur gepflegt hat.
Landeszentrale:
Und wie steht es heute, wenn muslimische
Syrer nach Geiselhöring kommen?
Kinseher:
Ich glaube, wenn die nicht gerade eine Moschee
bauen wollen, gibt es kein Problem.
Landeszentrale:
Glauben Sie, dass sich die bayerische Ge-
sellschaft von der übrigen deutschen unterscheidet? Sind
wir konservativer, urwüchsiger, altmodischer?
Kinseher:
Glaube ich nicht. Das schaut deshalb vielleicht
ein bisschen so aus, weil die Traditionen so gepflegt wer-
den, zum Beispiel mit den Trachten, das prägt das Bild. Ich
glaube aber nicht, dass wir mehr Konservative bis hin zum
rechten Rand haben als wo anders. Außerdem gibt es ja in
Bayern die CSU. Die wird nicht weiter nach links rücken,
weil sie die eher nach rechts neigenden Kräfte auch an sich
bindet und so im demokratischen Spektrum hält – so haben
die Extremisten weniger Zulauf.
Als ich neulich mit Horst Seehofer einen Fernsehstamm-
tisch bestritten habe, bin ich allerdings für meine Ausländer-
freundlichkeit massiv mit vielen bösen E-Mails beschimpft
worden, zum Beispiel „Sie als praktizierende Kommunistin“
und Ähnliches. Wir haben da offenbar ein großes Potential
an Leuten, die überhaupt nicht diskutieren wollen.
Landeszentrale:
Der Jugend heute wird oft nachgesagt, sie
sei unpolitisch. Was empfehlen Sie ihr in puncto politische
Bildung?
Kinseher:
Es ist nicht so, dass es keine sehr aktive Jugend
gibt, die sind nur nicht parteilich organisiert. Die soziali-
sieren sich in den Medien von selbst. Ich weiß nicht, ob
man jungen Menschen sagen soll: Geh‘ halt in die JU oder
zu den Jusos. Meiner Meinung nach ist das Bild zweige-
teilt: Die einen engagieren sich sehr stark, die anderen wis-
sen gerade noch, dass die Bundeskanzlerin Merkel heißt,
und dann hört es schon auf. Außer sie haben einen Spezl,
der Russe ist, und es ist uncool nicht zu wissen, wo er her-
kommt. Dann schaffen sie sich das Wissen drauf. Bei uns
hat der Staat einen Bildungsauftrag. Wir müssen immer
Angebote machen und in der Schule den Stoff so präsen-
tieren, dass er interessant bleibt. Frontalunterricht war
schon vor 30 Jahren langweilig.
Luise Kinseher als Thekla Eichenseer mit den Kollegen aus „München 7“
Foto: SZ Photo/Teutopress
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