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3.4 / 8. – 9. Jahrgangsstufe: Unzulässige Fragen im Bewerbungsgespräch

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Belastbarkeit des Bewerbers zu prüfen.

Hier sind besonders die Sensibilität und

das

ethisch-moralische Bewusstsein

der

Personalverantwortlichen gefragt, damit

das Interview keine negativen Folgen nach

sich zieht. Eine Forderung ethischen Han-

delns bezieht sich zum Beispiel auf

Trans-

parenz

, d.h. der Bewerber wird – soweit

möglich – stets genau über den Zweck der

Vorgehensweise informiert und kann diese

auch ablehnen. Sonst besteht womöglich

die Gefahr, dass Bewerberinnen und Be-

werber langfristig verunsichert werden und

sich selbst für diese Unsicherheit verant-

wortlich machen („ICH habe nicht richtig

reagiert …“).

Unzulässige Fragen

Als Merkregel soll formuliert werden: Man

darf im Bewerbungsgespräch nur die Fra-

gen stellen, die tatsächlich mit der dann

auszuübenden Aufgabe zu tun haben. In

der Regel unzulässige Fragen sind Fragen

nach

privaten Plänen bzgl. Familienpla-

nung, Heirat, Freizeitgestaltung

sexueller Orientierung

Gesundheitszustand

Vermögensverhältnissen, Schul-

den, Wohnsituation

politischer Meinung oder Zugehö-

rigkeit zu einer Partei

Religionszugehörigkeit

Mitgliedschaft in Vereinen und

Verbänden

öffentlichen Ämtern oder Ehren-

ämtern

Vorstrafen

Austritts- oder Kündigungsgrund in

der früheren Berufstätigkeit

29

Einen besonderen Schutz genießen

schwangere Frauen. Bei einer Bewerbung

für unbefristete Arbeitsverhältnisse gilt die

Frage nach bestehender Schwangerschaft

generell als nicht erlaubt.

30

In Sonderfällen kann die Frage nach einer

bestehenden Schwangerschaft allerdings

möglich sein, wenn man sich z. B. um einen

29

Vgl. o.V. (2014) und Ziegler (2013), S. 38ff.

30

BAG-Urteil vom 06.02.2003 /Aktenzeichen 2AZR

621/01.

Ausbildungsplatz (= befristeter Arbeits-

platz) bemüht, auf dem nach besonderen

Mutterschutzregelungen keine Schwange-

ren beschäftigt werden dürfen. Arbeits-

plätze, an welchen sehr schwere körper-

liche Arbeiten durchgeführt werden, müs-

sen wären ein Beispiel hierfür. In diesem

Zusammenhang gibt es allerdings unter-

schiedliche Rechtsprechungen z. B. des

Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und

des Bundesarbeitsgerichts (BAG).

Im Zweifelsfall ist es sinnvoll, sich zuvor

situationsbezogene und aktuelle rechtliche

Informationen zu verschaffen.

Unzulässigen Fragen begegnen Bewerbe-

rinnen und Bewerber am besten mit einer

souverän-freundlichen, in jedem Fall höf-

lichen Rückfrage, z. B. die Bitte, zu erklä-

ren, was denn diese Frage mit den Auf-

gaben der Ausbildungsstelle zu tun habe.

Keine Regel ohne Ausnahme …

Abweichend von der o. g. Merkregel kann

es durchaus zulässig sein, nach Religions-

oder Parteizugehörigkeit zu fragen, wenn

man sich bei einem so genannten

Ten-

denzbetrieb

(= Zeitung, Verlage, Parteien

und Einrichtungen in kirchlicher Träger-

schaft, …) bewirbt.

31

In einem Tendenzbe-

trieb prägen geistig-ideelle Zielsetzungen

das Unternehmen und die Aufgaben. Nicht

in allen Aufgabenfeldern, aber doch in

vielen ist es notwendig, dass Mitarbeite-

rinnen und Mitarbeiter positiv zu den Zie-

len des Arbeitgebers stehen und diese

vertreten. Bei Journalisten beispielsweise

ist es zulässig politische Neutralität vo-

rauszusetzen. Die Frage, ob man zu einer

extremen

Organisation, Glaubens- oder

Weltanschauungsgemeinschaft gehört und

31

Bewirbt man sich in einer Einrichtung, die von

einer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft

getragen wird, ist die Frage nach dem Bekenntnis

erlaubt, wenn es sich um eine

Körperschaft des

öffentlichen Rechts

handelt. Diese Regelung gilt

nicht nur für die Religionsgemeinschaft selbst (also

z. B. für die Kirche), sondern z. B. auch für die sozial-

caritativen Einrichtungen, die zu den Kirchen gehö-

ren (also etwa

Caritas

oder

Diakonie

). Auch können

Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen

fragen, ob die Lebensführung des Bewerbers/der

Bewerberin den Normen und Werten der jeweiligen

Religionsgemeinschaft entspricht.