2.7 / Sekundarstufe II: Wer die Wahl hat, hat die Qual
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diese Gleichsetzung immer so zulässig ist,
sei einmal dahin gestellt; jedenfalls ist nicht
einzusehen, warum der Abteilungsleiter
deshalb „besser“ seine Aufgaben verrich-
ten können soll, weil er es im Training ge-
schafft hat, seine Angst zu überwinden und
mutig einen 7 Meter hohen Baumstamm
hochgeklettert ist.
Wenn aber die Teilnehmerinnen und Teil-
nehmer aufgefordert werden, sich vorei-
nander zu entkleiden, oder wenn Kör-
perübungen die Grenzen der Intimität ver-
letzen, sollten sämtliche Alarmglocken
schrillen. Körperübungen können die Dis-
tanz untereinander abbauen helfen und
somit zu einem guten Gruppenklima bei-
tragen, was wiederum das Lernen erleich-
tern kann. Solange die Übungen dabei die
persönlichen Grenzen nicht verletzen, sie
tatsächlich auch zur Thematik passen und
nicht aufgesetzt wirken, können sie ihre
Berechtigung haben. Doch auch dann kann
und darf man sich diesen Übungen verwei-
gern und es ist eher ein Gütesiegel, wenn
die Leitung dies nicht nur akzeptiert, son-
dern auch positiv würdigt. Wenn allerdings
schleichend oder abrupt zu Handlungen
aufgefordert wird, die die körperliche Integ-
rität bedrohen, dürfte ein klares Nein wohl
angesagt sein und der sofortige Abbruch
des Seminars ist nahezulegen.
Kritik unerwünscht
Textbeispiel 8
Herr M. hat in einem Seminar das Gefühl,
dass der Redner zwar viel weiß, aber seine
Aussagen fast nie begründet. Als er sich
meldet und um ein konkretes Beispiel für
eine Behauptung bittet, lächelt der Redner
in die Runde und fragt, ob noch jemand
seinen Ausführungen nicht folgen konnte.
Die übrigen Teilnehmer schütteln daraufhin
den Kopf und der Redner wendet sich wie-
der an Herrn M. mit der Empfehlung, auf-
merksamer dem Vortrag zu folgen, da das
Seminar sonst nutzlos für ihn sei.
Unseriöse Anbieter von Trainings und Per-
sönlichkeitsseminaren behaupten oft nicht
nur von sich, über außergewöhnliche Er-
kenntnisse und Techniken zu verfügen.
Vielmehr handeln sie auch danach. Den
Teilnehmerinnen und Teilnehmern ist in
diesen Fällen nur die Rolle der
dankbaren
Schüler
zugewiesen, welche aufmerksam
den Ausführungen lauschen und folgsam
die Anweisungen ausführen. Äußert man
Kritik, stellt man vielleicht sogar die Autori-
tät oder das Wissen in Frage und weigert
sich, den Anweisungen zu folgen, zeigt
sich schnell, ob der Trainer bzw. die Trai-
nerin souverän damit umgehen kann und
bereit ist, sowohl Rechenschaft über seine
Anschauungen und Methoden zu geben als
auch sich selbst in Frage zu stellen. Viel-
leicht wird aber auch versucht, den Kritiker
als Störer auszugrenzen, wird versucht, ihn
vor der Gruppe bloß zu stellen. Wenn die
Wünsche und Einwände keine Beachtung
finden, wenn einem eher Schuldgefühle
suggeriert werden oder sogar die Perso-
nenwürde bewusst verletzt wird (z. B. „Du
bist fett!“ oder „Du bist eine Belastung für
die anderen.“), sollte man auf weitere Er-
fahrungen verzichten.
Allgemeine Empfehlungen
Wer sich auf ein Persönlichkeitstraining
einlassen oder auch nur ein Seminar zur
Fortbildung buchen möchte, muss sich
zuvor rechtzeitig informieren. Der Anbieter
und dessen Werbematerialien können
schon erste Auskunft geben, Fachverbän-
de, Berufsgenossenschaften aber auch
Informations- und Beratungsstellen wie die
Verbraucherzentrale oder die Weltan-
schauungsbeauftragten können Kriterien
benennen, Hilfestellung leisten bei der
Auswahl oder auch einschlägige Hinweise
geben, ob der Anbieter bzw. die ange-
wandten Methoden bekannt und als seriös
einzuschätzen sind. Gespräche mit Freun-
den, Kollegen oder anderen Menschen, die
man ins Vertrauen ziehen kann, sind
grundsätzlich zu empfehlen, weil ein gutes
soziales Netz die beste Prävention dar-
stellt.