3.1 / Sekundarstufe I/II: Körperkult im Alten Rom und heute – oder: was wirklich zählt
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3.1 Körperkult im Alten Rom
und heute – oder:
was wirklich zählt
Ziel der Unterrichtseinheit
Ziel dieses Unterrichtsmodells ist es, den
Schülerinnen und Schülern bewusst zu
machen, dass Körperkult ein epochen-
übergreifendes Phänomen ist. Zugleich
sollen sie erkennen, welches den Einzel-
nen teilweise überfordernde Menschenbild
mit diesem Körperkult vermittelt wurde und
wird. Anhand philosophischer Auseinan-
dersetzungen mit diesem Körperkult sollen
die Schülerinnen und Schüler ihr eigenes
Menschenbild reflektieren und Kriterien für
ein gelungenes Menschsein formulieren.
(Vor)Überlegungen
Alle Schülerinnen und Schüler sind bereits
mit Werbung und Werbestrategien in Kon-
takt gekommen, die die aktuelle Mode
transportieren und beeinflussen können
und so beim Einzelnen unterschiedliche
Formen des Körperkults oder deren Ableh-
nung auslösen können. Dieses ist kein
Phänomen unserer Zeit, sondern kann in
bekannten Bildnissen und Gemälden ver-
schiedener Epochen beobachtet werden.
Die Statue
Augustus von Primaporta
(Folie
1) dient lediglich als Motivation; im Mittel-
punkt des Unterrichtsmodells steht nicht
der Herrscherkult, sondern der Körper-
kult.
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Bei der Besprechung der Augustus-
statue muss also nicht unbedingt die Rück-
gabe der Feldzeichen auf dem Panzer
thematisiert werden, sondern vielmehr der
Werbecharakter der Statue, d. h. der Ein-
druck, den Augustus vermitteln wollte – in
modernen Begriffen: jung – dynamisch –
erfolgreich. Der Amor an Augustus‘ rech-
tem Fuß ist eine Anspielung auf die göttli-
che Abstammung der kaiserlichen Familie
von Ascanius über Aeneas bis hin zu Ve-
nus; der Amor erfüllt hier quasi die Funkti-
on eines Logos, dessen sich ja auch zum
Beispiel moderne Sportartikelhersteller
bedienen. Was die Werbewirksamkeit der
Augustusstatue noch verstärkte ist die Far-
bigkeit der Statue – ein buntes Plakat erfüllt
heute bei weitaus geringerer Lebensdauer
denselben Zweck.
Dass Körperkult auf je zeitbedingte und
situationsbedingte Weise in der Kunst dar-
gestellt wird, zeigen eine Folie des bekann-
ten Bildnisses
Heinrich VIII.,
gemalt von
Hans Holbein dem Jüngeren (Folie 2),
Die
drei Lebensalter der Frau und der Tod,
von
Hans Baldung Grien (Folie 3),
Die Küchen-
magd
von Jan Vermeer (Folie 4) und eine
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Sollte im Geschichtsunterricht der 6. Klasse ein
möglicher Schwerpunkt auf den Herrscherkult gelegt
werden (
Selbstdarstellung des Princeps), ist folgen-
des Buch hilfreich: Zanker, Paul (1997): Augustus und
die Macht der Bilder, München: Verlag C.H. Beck.