2.1 / 5. Jahrgangsstufe: Große Zahlen – Gewinnspiele – Schneeballsysteme
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fest, dass ca. 500 Millionen Gewinner ca.
4,5 Milliarden Verlierern gegenüber stehen,
da die vorletzte Ebene der Teilnehmer
nicht komplett jeweils 10 neue Mitspieler
anwerben kann.
In einem üblichen Pyramidenspiel wird ein
Teilnehmer aufgefordert, einem Anwerber
z. B. 10 000 € zu geben. Dieser Teilnehmer
soll dann wieder 10 neue Mitspieler anwer-
ben, die ihm jeweils 10 000 € geben. Damit
erhält der Teilnehmer 100 000 €. Bei einem
Einsatz von 10 000 € hat er also 90 000 €
Gewinn. Das funktioniert, so lange jeder
neue Teilnehmer wieder genügend neue
Mitspieler anwerben kann. Wie oben ge-
zeigt ist das aber schon aufgrund der be-
grenzten Bevölkerungszahl unmöglich und
daher ein Erfolg für alle von vorneherein
ausgeschlossen. Menschen investieren
also ihr Geld auf das Versprechen hin, für
diesen Einsatz etwas zurückzubekom-
men. Da dies aber nicht möglich ist, erfül-
len die Spiele den Tatbestand des Betrugs:
Täuschung zum Zweck der Bereicherung
(Folie 4).
In der Vergangenheit haben sich Schenk-
kreise herauskristallisiert, die mit kleineren
Teilnehmerzahlen beginnen, mit einer Ver-
doppelung der Teilnehmerzahl arbeiten
sowie mit der Teilung des Schenkkreises in
jeder Runde. Dies wirkt überschaubarer.
Dennoch: Auch hier wäre bereits in der 29.
Runde die Anzahl der Menschen der Welt-
bevölkerung überstiegen.
Manche Weltanschauungsbeauftragte be-
zeichnen Gruppen und Veranstaltungen,
die nach Schneeballsystemen arbeiten,
auch als ‚kommerzielle Kulte‘ (
commercial
cults
). Motivation und psychologische Be-
einflussung zu Meinungs- und Gruppenbil-
dung erinnern mitunter an Praktiken, wie
sie sich auch in Psychogruppen finden.
Typische Anzeichen für ein Schneeballsys-
tem beschreibt eine Information des LKA
Berlin (AG Schneeball): „Einführung der
Veranstaltung durch laute Musik, die An-
wesenden stehen auf, springen auf Stühle
und Tische, es folgt rhythmisches Klat-
schen. Es wird ihnen aufgezeigt, welch
hohe Summen sie verdienen können. Es
werden ihnen nur positive Dinge erzählt.
Kritische Anfragen werden abgewürgt.
Durch eine fest einstudierte Inszenierung
werden die Menschen euphorisiert und
psychisch beeinflusst. Viele Teilnehmer
verfügen nicht über den Einstiegsbetrag
und werden zur Aufnahme von Krediten
überredet. Für viele ist das oftmals der
Weg in die totale Abhängigkeit. Lassen Sie
sich nicht (für dumm) verkaufen.“ Auch der
Endbericht der Enquete-Kommission „So-
genannte Sekten und Psychogruppen“
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äußert sich zu diesen Veranstaltungen:
„Die kultähnliche Inszenierung der Werbe-
veranstaltung und die überwachende Be-
treuung des Kunden bis zur Einzahlung der
Beteiligung erinnert an die Steuerung und
Kontrolle eines Mitglieds in totalitären
Gruppen …“ (beide Zitate nach Grotepass
(o.J.): S. 1 f.); s. auch 2.5.
Zunehmend finden auch esoterische Vor-
stellungen Eingang in das Schenkkreisge-
schehen. Hier ist schon mal von
positiven
Kraftfeldern
die Rede, die Glück und Zu-
friedenheit unterstützen sollen oder dass
der negative Aspekt von Geld
energetisch
gereinigt
würde und dann wieder
positiv
fließen
würde. Selbstredend liegen solche
Vorstellungen deutlich jenseits von rational-
logischen Welterklärungen.
Information Kettenbrief
Bei einem Kettenbrief schickt der Anwerber
einen Brief bzw. eine elektronische Nach-
richt (in sozialen Netzwerken) mit einer
Namensliste, an deren Spitze der Anwer-
ber selbst steht, an potenzielle Mitspieler.
Die Angeschriebenen werden aufgefordert,
einen bestimmten Betrag an eine Person
an der Spitze zu schicken. Anschließend
muss man den Brief weitersenden: Man
streicht den Namen an der Spitze, setzt
den eigenen Namen an das Ende der Liste
und schickt den Brief so wiederum an eine
Anzahl neuer Mitspieler. Theoretisch sollte
jeder Name irgendwann an der Spitze von
zahllosen Listen stehen, der Absender soll-
te somit „haufenweise“ Geld erhalten. In
der Praxis bekommen die meisten Teil-
nehmer gar nichts, da auch hier die Anzahl
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Der Endbericht ist auf
https://www.weltanschauungsfragen.de/assets/Dokumente/Abschlussbericht-Enquete.pdf
abrufbar
(Stand: 04.07.2014).