Magazin Einsichten und Perspektiven (Ausgabe 1/14) - page 21

Bulgarien
Einsichten und Perspektiven 1 | 14
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6 Vgl. „Protest in Bulgarien“, Die Zeit v. 24.07.2013 und
zuwanderung- nach-deutschland-a-942622.html [Stand: 12. März 2014].
7 Vgl. „Rumänien und Bulgarien bluten aus“, Augsburger Allgemeine v. 06. Januar 2014.
8 Vgl.
[Stand: 16. März 2014].
9 Vgl.
/ [Stand: 16. März 2014].
10 Vgl.
[Stand: 12. März 2014].
11 Vgl. Romania and Bulgaria. Depressing reading, in: The Economist v. 22.01.2014 [Stand: 12. März 2014]; Weiter mit rechtsstaatlichen Defi-
ziten, in: FAZ online v. 22.01.2014 [Stand: 12. März 2014].
12 Vgl.
[Stand: 14. März 2014].
armung breiter Bevölkerungsschichten, Landflucht und
Auswanderungswellen prägen die schwierige Situation des
Landes, das vielfach als „Armenhaus Europas“ bezeichnet
wird. Bulgarien ist weiterhin das Land mit dem niedrigsten
Bruttosozialprodukt pro Kopf in der EU, obwohl einige
größere internationale Unternehmen imLand Investitionen
getätigt haben.
Korruption, Demographie
Immer wieder aufflammende Proteste der Bevölkerung
zeigen zwar, dass auch in Bulgarien eine Zivilgesellschaft
entstanden ist, die Vorgänge wie etwa die Ernennung
des umstrittenen Medienunternehmers Deljan Peewski,
dem Verbindungen zur organisierten Kriminalität nachge-
sagt werden, zum Chef des Geheimdienstes, ablehnt.
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Die
nicht abreißende Praxis der Korruption führt aber auch zu
Resignation und Wahlmüdigkeit. Die demografische Situa-
tion Bulgariens stellt sich besonders dramatisch dar: Seit
dem Ende der kommunistischen Zeit schrumpfte die Be-
völkerung: In den letzten Jahren sank die Einwohnerzahl
um jeweils 0,5 – 0,7 Prozent von knapp neun Millionen auf
7,3 Millionen. Die Gründe für den Rückgang sind in erster
Linie Migration ins Ausland und niedrige Geburtenraten.
Vor allem junge und gut ausgebildete Menschen verlassen
das Land, wodurch die Geburtenzahl noch weiter zurück-
geht. Unter den Auswanderern befinden sich viele qualifi-
zierte Fachkräfte , die der Wirtschaft Bulgariens fehlen. Ei-
ne Million Bulgaren hat seit 1990 das Land verlassen.
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Bulgarien in der Europäischen Union
Im Europäischen Parlament ist Bulgarien durch 18 Sitze
vertreten, von denen es nach den Europawahlen im Mai ei-
nen abgeben wird. Im Europäischen Rat verfügt das Land
derzeit über zehn der insgesamt 345 Stimmen. Viele Kriti-
ker monierten bezüglich der Aufnahme Bulgariens 2007,
dass der Staat in mehrerlei Hinsicht noch nicht reif für die
EU sei. Von wesentlichem Gewicht war allerdings das Kal-
kül, zum Einen durch die Beitrittsperspektive Mobilisie-
rungseffekte innerhalb des Landes zu erzielen – ein Krite-
rium, das anderen beitrittswilligen Staaten wie der Türkei
nur schwer plausibel gemacht werden kann. Zum Anderen
erhoffte sich die EU eine stabilisierende Wirkung für den
gesamten Balkan und die ostmitteleuropäische Region. 2007
trat Bulgarien demWechselkursmechanismus II als Vorstu-
fe zur Einführung des Euro bei. Die Nicht-Erfüllung eines
der Konvergenzkriterien (Haushaltsdefizit unter drei Pro-
zent des Gesamthaushalts) steht dem endgültigen Beitritt
zur Euro-Zone jedoch entgegen. 2009 kam die EU-Kom-
mission zu dem Ergebnis, dass der Kampf gegen Korrup-
tion und die organisierte Kriminalität in Bulgarien „nicht voll
und ganz von einem politischen Konsens getragen“ werde
und forderte das Land auf, stärker gegen dieMissstände vor-
zugehen, was durch die instabile Regierungslage allerdings
ein schwieriges Unterfangen darstellt.
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Im Juli 2012 hatte
die EU erklärt, die Überwachung Bulgariens in den Berei-
chen der Kriminalität und Korruption fortzusetzen, da es
weiterhin „Schwächen im Bereich der Justiz und der Straf-
verfolgung“ gebe und die organisierte Kriminalität „einzig-
artig in der EU“ sei. Aufgrund der bestehenden Situation
wurde Bulgarien auch der Beitritt zum Schengen-Raum
(Wegfall der Grenzkontrollen) verweigert; die Bundesrepu-
blik Deutschland spielte dabei durch ein Veto in der EU-In-
nenministerrunde im Dezember 2013 eine ausschlaggeben-
de Rolle. Auch der jüngste Monitoring-Report von Januar
2014
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konstatiert, dass Bulgarien noch beträchtlichen
Nachholbedarf habe; das Land bleibt daher unter Beobach-
tung.
Bei der Europawahl erwartet man in Bulgarien die
Wahlenthaltung vieler Menschen, da das Ansehen der Par-
teien auf den tiefsten Stand seit dem Ende des Kommunis-
mus gefallen ist (Wahlbeteiligung 2009: 39 Prozent). Die
Europawahlen 2009 waren zudem in Bulgarien von massi-
ven Stimmenkäufen gekennzeichnet. Die bulgarische Poli-
tik ist generell durch eine eher geringe Europabegeisterung
geprägt. Indiz dafür ist der Erfolg der Partei „Ataka“, die
der EU eher ablehnend gegenübersteht, mit zwölf Prozent
der Stimmen bei der Europawahl 2009. Auch die Haltung
zum Euro ist eher skeptisch: Bulgarien strebt die Einfüh-
rung der Einheitswährung grundsätzlich nicht an. Zugleich
werden aber in Sofia weitere Strukturhilfen für die Wirt-
schaft und die weniger entwickelten Regionen des Landes
gefordert.
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