Magazin Einsichten und Perspektiven (Ausgabe 1/14) - page 18

Nach einem weiteren Militärputsch 1934 wurden alle poli-
tischen Parteien aufgelöst, Bulgarien wandelte sich zu einer
autoritären Monarchie. Im Zweiten Weltkrieg verhielt sich
Bulgarien zunächst neutral, verbündete sich jedoch 1941
mit dem Deutschen Reich, um so seine Ansprüche auf ma-
zedonisches Territorium durchsetzen zu können.
Bulgarien in der kommunistischen Zeit (1944–1989)
Nach dem Einmarsch der Roten Armee im September 1944
kam es durch einen Putsch der von der Kommunistischen
Partei dominierten Vaterländischen Front, die bei den Wah-
len am 18. November 1945 über 88 Prozent der Stimmen er-
hielt, zur Errichtung der kommunistischen Volksrepublik
Bulgarien am 15. September 1946 und zur Umwandlung des
politischen Systems in eine „Volksdemokratie“ stalinisti-
scher Prägung: Unter dem Generalsekretär und späteren
Ministerpräsidenten Georgi Dimitrow wurde jegliche Op-
position ausgeschaltet. Bulgarien zeigte sich in der Folge als
einer der engsten und zuverlässigsten Verbündeten der
Sowjetunion. Es existierten sogar Pläne zur Eingliederung
Bulgariens in die UdSSR.
Der prägende Politiker der Post-Stalin-Ära war
Todor Schiwkow, der von 1954 bis 1989Generalsekretär der
bulgarischen KP und nach dem von Chruschtschow betrie-
benen Rücktritt des stalinistisch orientierten Staatschefs
Walko Tscherwenkow ab 1956 unangefochtener Diktator
des Landes war. Schiwkow trieb die Industrialisierung des
bis dahin kleinbäuerlich geprägten Bulgarien im Eiltempo
voran, wodurch die Urbanisierung gezielt gefördert wurde.
Die Wachstumsraten in Bulgarien waren in den ersten Jah-
ren enorm, es wurden metallverarbeitende und chemische
Industrien aufgebaut, durch Technologietransfer aus der
Sowjetunion konnte das erste bulgarische Atomkraftwerk
in Kosloduj in Betrieb genommen werden. Durch Investi-
tionen in Schulen und Universitäten kam es zu einem deut-
lichen Anstieg des Bildungsniveaus. Doch trotz einer all-
mählichen Verbesserung der Lebensbedingungen für die
Bevölkerung seit den sechziger Jahren blieb Bulgarien eines
der ärmsten Länder Europas; auch führte die rasche indus-
trielle Entwicklung zu großen sozialen Verwerfungen, der
Anteil der Beschäftigten in der Landwirtschaft sank rapide.
Gleichzeitig war das bulgarische Wirtschaftswunder durch-
aus auf tönernen Füßen gebaut, da das Land bei Rohstoff-
importen und bei den Exporten überwiegend vom sowjeti-
schen Markt und dem Ostblock abhing: Noch 1989 waren
rund 84 Prozent der Exporte für andere Ostblockstaaten
bestimmt. Anders als in Polen oder Ungarn blieben größe-
re Proteste in Bulgarien jedoch lange aus. Erst 1984/85 kam
es zu Aufständen türkischer Einwohner, deren soziale Lage
sich während der gesamten Schischkow-Ära ebenso wenig
verbessert hatte, wie die der Roma oder anderer Minder-
Neue Serie: Ländernotizen 1. Folge: Bulgarien und Rumänien
Einsichten und Perspektiven 1 | 14
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Todor Schiwkow während einer Rede
1976
Foto: ullstein bild - ADN-Bildarchiv
Der bulgarische Präsident Rossen
Plewneliew bei seinem Besuch in Ber-
lin am 03. Juli 2012
Foto: ullstein bild - Popow
Der Premierminister Plamen Ore-
scharski während einer Parlamentsde-
batte in Sofia am 29. Mai 2013
Foto: ullstein bild - Reuters / STOYAN NENOV
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