Magazin Einsichten und Perspektiven (Ausgabe 1/14) - page 31

Europäische Wanderbewegungen und Arbeitsmarktintegration: Die Entwicklungen am deutschen Arbeitsmarkt
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Angesichts dieser erhitzten Diskussion gibt es Klärungsbe-
darf. Besteht auf dem deutschen Arbeitsmarkt eine Fach-
kräftenachfrage nach diesen Zuwanderern? Wie gelingt die
Arbeitsmarktintegration der (EU-) Neuzuwanderer? Wie
stellt sich die Situation auf demArbeitsmarkt nun dar: Han-
delt es sich überwiegend um Fälle von Arbeitsmigration
oder Armutsmigration?
Im ersten Teil dieses Beitrags gilt es zunächst die
Arbeitsmarktentwicklung und die Fachkräftenachfrage, so-
wie dann die Entwicklung der Wanderungsbewegungen zu
beschreiben. Im Folgenden steht die Arbeitsmarktintegra-
tion der EU-Zuwanderer im Fokus der Betrachtung. Der
Diskussion der Zuwanderung von Rumänen und Bulgaren
widmet sich der vierte Abschnitt vor einem kurzen Fazit.
Der Arbeitsmarkt in Deutschland: gute
Grundverfassung und Fachkräftenachfrage
Der deutsche Arbeitsmarkt entwickelte sich gut in der letz-
ten Dekade. Deutschland war etwa zwischen 2008 und 2011
das einzige OECD-Land, in dem die Arbeitslosenquoten
auf allen Qualifikationsebenen gefallen sind. Eine weiterhin
zunehmende Nachfrage nach Arbeitskräften zeigte auch im
vergangenen Jahr 2013 die gute Grundverfassung des Ar-
beitsmarktes hierzulande. Die Zahl der Erwerbspersonen
wächst – wie ebenso der Bestand an offenen Stellen – seit ei-
nigenMonaten kontinuierlich. Die Zahl der Erwerbstätigen
ist 2013 gegenüber dem Vorjahr um 255.000 auf 42,06 Mil-
lionen gestiegen (12/2013) und auch die sozialversiche-
rungspflichtige Beschäftigung wuchs auf 29,76 Millionen
(+335.000 gegenüber Vorjahr). Das Arbeitsmarktbarome-
ter des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
(IAB) weist momentan (Ende Februar 2014) mit 102,6
Punkten eine moderat günstige Entwicklung für die nächs-
ten drei Monate auf. Arbeitslose profitieren nur in einemge-
ringen Ausmaß vom Beschäftigungsaufbau, was die struk-
turellen Probleme bei der Jobsuche offenbart.
Allerdings kennzeichnen dauerhafte regionale Dis-
paritäten, insbesondere das starke Ost-West- wie Nord-
Süd-Gefälle den deutschen Arbeitsmarkt. Einerseits liegt in
Ostdeutschland (Jahresdurchschnitt 2013: 10,3 Prozent) die
Arbeitslosenquote deutlich höher als in Westdeutschland
(Jahresdurchschnitt: 6,0 Prozent), andererseits gibt es in
Süddeutschland Regionen, in denen nahezu Vollbeschäfti-
gung herrscht, während aber auch manche westdeutsche
Regionen mit einer hohen Arbeitslosigkeit zu kämpfen ha-
1 Dieser Beitrag geht auf einen Vortrag bei der Veranstaltung „Europa auf Wanderschaft – Bedrohung oder Chance?“ am 16.01.2014 in Bam-
berg zurück, im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Fragen an Europa“ der Akademie für politische Bildung Tutzing, der Europäischen
Kommission Vertretung München, der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit und der Europäischen Akademie Bayern.
Der deutsche Arbeitsmarkt zieht Menschen an, und zwar vor allem Europäer. Im
Jahr 2012 hatte die Bundesrepublik Deutschland einen Wanderungsgewinn von knapp
400.000 Personen zu verzeichnen, davon über zwei Drittel aus der Europäischen
Union. Insbesondere mit der EU-Osterweiterung 2004 wuchsen die Ängste vor Ar-
mutszuwanderung und Migranten, die einheimischen Arbeitskräften in Deutschland
die Jobs wegnehmen könnten.
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