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– 2 02
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E
Schulpsychologin
chüler, die auf Grund einer
Beeinträchtigung oder Behinde-
rung dem Unterricht der Regel-
schulen nicht ohne sonderpäda-
gogische Fördermaßnahmen
folgen können, sind zunächst für ihre El-
tern und dann auch für die Schule „Sor-
genkinder“. Verständlicherweise fällt es
anfangs allen Eltern schwer zu akzeptie-
ren, dass ihr Kind sich nicht so entwi-
ckelt, wie sie es sich wünschen. Häufig
führen sie deshalb einen langwierigen
Kampf mit sich und ihrer Umwelt, bis sie
ihr Kind so akzeptieren, wie es ist. Um
diese Kinder und deren Eltern bemüht
sich die Förderschule in besonderer Weise.
Wenn es dann darum geht abzuklären,
welches Förderangebot im Vorschulalter
und welche Schule danach für das Kind
angemessen sind, müssen Elternhaus und
Schule sich als Partner verstehen.
Das Interesse an einer vertrauensvollen
Zusammenarbeit müsste eigentlich
selbstverständlich sein, denn Eltern wol-
len grundsätzlich „das Beste“ für ihr
Kind, erst recht für ihr behindertes Kind,
und auch die Förderschule sieht die opti-
male Förderung der Schüler als ihre Auf-
gabe an. Wenn Elternhaus und Schule
sich allerdings als Unbeteiligte oder gar
als Gegner gegenüberstehen, wird das
Kind dazwischen orientierungslos oder
sogar zerrieben. Die Zusammenarbeit
sollte auch nicht auf Krisenbewältigung
oder „Reparatur“ reduziert werden, son-
dern den Anspruch haben, vorausschau-
end und begleitend zu sein. Von großer
Hilfe wäre es, wenn die Zusammenarbeit
bereits mit dem Einsatz der Mobilen
Sonderpädagogischen Hilfen (MSH) und
Dienste (MSD) beginnen würde, also
lange bevor das Kind in eine Förder-
schule kommt.
Wie Eltern und Schule zusammenarbei-
ten sollen, ist im Bayerischen Erziehungs-
und Unterrichtsgesetz (BayEUG) und in
den Schulordnungen geregelt. So heißt es
z.B. in Art. 74 Abs. 1 BayEUG: „Die ge-
meinsame Erziehungsaufgabe, die Schule
und Erziehungsberechtigte zu erfüllen
haben, erfordert eine von gegenseitigem
Vertrauen getragene Zusammenarbeit.“
Was sich so einfach liest, ist in der Praxis
nicht immer ganz einfach. Denn in der
Regel ist dieses gegenseitige Vertrauen
nicht von Anfang an da, sondern muss
erst allmählich aufgebaut werden. Vor-
aussetzungen dafür sind Gesprächsbereit-
schaft auf beiden Seiten, wechselseitige
Wertschätzung, Toleranz und Interesse
füreinander. Ganz entscheidend kommt
es darauf an, dass Eltern und Lehrkräfte
Informationen austauschen und einander
unterschiedliche Kompetenzen zugeste-
hen. Je intensiver und selbstverständli-
cher der Informationsfluss zwischen den
Partnern wird, desto mehr wächst das
Vertrauen zueinander. Zur Information
gehört es, dass die Eltern Einblick in die
Arbeit der Förderschule erhalten und
dass die Lehrkräfte die Lern- und Lebens-
bedingungen der Kinder kennen, damit
sie fachkundigen Rat erteilen können.
Bei alledem müssen sich Eltern und Lehr-
kräfte darauf verlassen können, dass In-
formationen vertraulich behandelt und
nur mit gegenseitigem Einverständnis
weitergegeben werden. Kritik und unter-
schiedliche Meinungen dürfen nicht auf
dem Rücken des Kindes ausgetragen
werden, sondern müssen Ausgangspunkt
für einen konstruktiven Dialog von Eltern
und Schule sein.
Bei Entscheidungen, die für das Kind
getroffen werden müssen, haben Eltern
nd Schule unterschiedliche Aufgaben.
Die Förderschule sollte Eltern fachge-
recht über Bildungswege, Bildungschan-
cen und mögliche Fördereinrichtungen
beraten. Die Eltern ihrerseits dürfen sich
nicht aus Prestigegründen an starre Vor-
stellungen von Förderung klammern, die
dem Kind vielleicht nur Misserfolge und
psychische Belastungen einbringen wür-
den. Denn das gemeinsame Ziel aller
Bemühungen muss das Wohl des Kindes
sein, das gemäß seinen Fähigkeiten sein
Leben verantwortlich gestalten kann.
Dies gelingt aber nur dann, wenn Eltern
und Förderschule ständig eng zusam-
menarbeiten und bereit sind, Entschei-
dungen immer wieder zu überprüfen.
Thema heute:
S
Luzia Scherr, Beratungsrektorin
Das Ziel: Gemeinsame
Entscheidungen
Grundlagen für Vertrauen
Zusammenarbeit von
Förderschule und Eltern
fotos: privat