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enn nach den Sommerferien die Bamberger
Gangolfschule wieder ihreTore öffnet, dann
wird das heuer nicht nur für die Abc-Schüt-
zen ein großerTag sein.Auch für die Lehrer beginnt
etwas Neues. Denn zum ersten Mal startet im Herbst
2002 an ihrer Grundschule und an mindestens 130
weiteren bayerischen Grund- und Hauptschulen das
Projekt „Sprachlernklasse“.
Mit den Sprachlernklassen will das Kultusministe-
rium – nicht zuletzt in Reaktion auf die PISA-Studie
– einen neuenWeg beschreiten, um die Integration
von Mädchen und Buben ausländischer Herkunft zu
verbessern.Wenn sich bei der Schuleinschreibung oder
auch bei der Aufnahme in eine höhere Klasse zeigt,
dass die Kinder sich mit der deutschen Sprache noch
schwer tun, besuchen sie künftig zunächst eine
Sprachlernklasse. Markenzeichen des Modells: Die
Kinder lernen zügig Deutsch und werden Schritt für
Schritt in eine „normale“ Klasse integriert.
Die Sprachlernklasse besteht nämlich aus einer
Gruppe von ca. 12 bis 15 Schülern, die eng mit einer
Regelklasse derselben Jahrgangsstufe zusammenarbei-
tet. In Deutsch, Mathematik und anderen Fächern, die
gute Deutschkenntnisse voraussetzen, bleiben die Kin-
der der Sprachlernklasse unter sich. Sie erhalten dort
einen speziell auf sie zugeschnittenen Unterricht, bei
dem sie die deutsche Sprache und gleichzeitig auch
den Stoff lernen. In den Fächern Kunst, Musik, Sport,
Werken und Religion, bei höheren Klassen auch in
Englisch, besuchen die Schüler der Sprachlernklasse
hingegen den Unterricht der Regelklasse. Sobald nun
ein Schüler in der deutschen Sprache entsprechende
Fortschritte macht, kann er ganz in diese Regelklasse
wechseln.Wer dagegen noch weiter eine intensive
Förderung in Deutsch braucht, bleibt in der Sprach-
lernklasse, maximal bis zu zwei Jahren.
An der Gangolfschule wird Lehrer Norbert Bocksch
ab Herbst eine solche Klasse unterrichten. „Anders als
z.B. bei einem Intensivkurs Deutsch“, so Bocksch,
„lernen meine Erstklässler nicht nur Deutsch zu spre-
chen, sondern auch gleich das Lesen und Schreiben.
Darin sehe ich einen großenVorteil des neuen Kon-
zepts. Die Kinder haben gute Chancen, schnell auf den
Stand ihrer deutschen Altersgenossen zu kommen, und
verlieren so bei ihrer Schullaufbahn keine Zeit.“
Ganz wichtig für den Erfolg der Kinder sind auch
die Angebote, die nach dem Unterricht an einer
Schule bestehen – seien es Mittagessen, Hausaufgaben-
betreuung,Wahlunterricht oder Freizeitaktivitäten.
Denn dort können die Kinder das, was sie im Deutsch-
unterricht gelernt haben, in der Praxis mit ihren
deutschsprachigen Kameraden anwenden und üben.
Und die deutschen Schüler? Haben sie nicht einen
Nachteil, wenn eine größere Zahl von ausländischen
Kindern in ihre Klasse kommt? „Auf keinen Fall“,
erläutert Lehrer Bocksch. „Schließlich profitieren die
Schüler aus der Regelklasse davon, dass sie über län-
gere Zeit in den Kernfächern ebenfalls in einer kleine-
ren Klasse unterrichtet werden und so viel Zeit für
eine individuelle Förderung bleibt.Auf unserem Infor-
mationsabend jedenfalls zeigten sich die Eltern von
dem Modell „Sprachlernklasse“ sehr angetan.“
Seit diesem Jahr besteht eine zusätzliche Fördermöglich-
keit noch vor der Sprachlernklasse: der Vorkurs „Deutsch
40“. Für die Kinder, die bei der Schuleinschreibung nur
wenige oder keine Deutschkenntnisse besitzen, kann die
Schule in Zusammenarbeit mit den Kindergärten von Mai
bis Juli jeweils von Montag bis Donnerstag eine Stunde
Deutsch anbieten – insgesamt 40 Stunden.
Deutsch 40
W
Integration nach Maß
Damit Kinder ausländischer Herkunft in der Schule Erfolg haben, brauchen sie
zu allererst gute Deutschkenntnisse. Bayern geht hier nun einen neuenWeg.
Ausländische Schüler
Bei der Schuleinschreibung werden in spielerischer Form die
Deutschkenntnisse ausländischer Kinder überprüft.
foto: bertram wagner