in Aichach als eine der ersten im Ver–
bund mit den Nachbarhauptschulen
des Landkreises für die Einrichtung
von M-Klassen beworben und auch
Verhandlungen über die Einrichtung
einer Praxisklasse aufgenommen . Rek–
tor Walter Dufey bekennt zwar freimü–
tig, dass er die Einführung der sechs-
nd M7
stufigen Realschule mit Skepsis be–
trachtet habe; aber das neue Modell
für die Hauptschule selbst beurteilt er
sehr positiv: „Wir können nun den
Schülern ein besser auf sie zugeschnit–
tenes Angebot machen. Die Haupt–
schule braucht Beweglichkeit, die Mög–
lichkeit der Differenzierung."
Weshalb das so notwendig sei?
Weil ab der 5 . Jahrgangsstufe keine
andere Schulart in Bayern, wie Walter
Dufey betont, ein so breites Spektrum
an Schülern habe wie die Hauptschule
- von einseitig gut begabt oder mehr
praktisch veranlagt bis sehr schwach
oder nicht mehr lernwillig. Dies kann
Johanna Sellmeier, Mitglied des Eltern–
beirats der Hauptschule Aichach, aus
eigener Erfahrung bestätigen : „Das
Gefälle ist in den Klassen zum Teil ex–
trem ." Gerade schlechte Schüler hät–
ten da, so ihre Kollegin im Elternbei–
rat, Gertraud Schreier, durch die ver–
änderte Schwerpunktsetzung in einer
Praxisklasse neue Chancen: „Ein
schlechter Schüler ist ja nicht automa–
tisch ein schlechter Arbeiter."
Obwohl sich im Schulzentrum von
Kürzere Fahrwege
Aichach unmittelbar neben der Haupt–
schule eine R 6 befindet, stellt Walter
Dufey an seiner Schule ein großes Po–
tential für M-Klassen fest. „Die guten
Schüler an der Hauptschule", erläutert
der Rektor, „sind nicht nur die Spät–
entwickler, von denen so viel gespro–
chen wird, sondern auch Kinder und
Jugendliche, die in besonderem Maß
ihre vertraute Umgebung brauchen,
um gute Leistungen zu erbringen. Die
Hauptschule bietet ihnen mit ihrer Päd–
agogik und dem Klassenlehrerprinzip
die richtige Begleitung." Dies bestätigt
die Mutter eines Sechstklässlers, deren
Sohn lange gebraucht habe, Freunde
zu finden, und der deshalb unbedingt
an seiner Schule bleiben wolle. „Wenn
er nun hier die Chance hat, einen
mittleren Abschluss zu machen , ist das
optimal."
freilich wird für gute Hauptschüler
im ländlichen Raum, anders als in der
Kreisstadt Aichach, der Einstieg in ei–
nen M-Zweig in etlichen Fällen den
Wechsel an eine andere Schule mit
sich bringen, da nicht an allen Haupt–
schulen M-Klassen eingerichtet wer–
den können. Dennoch zeichnet sich
aufgrund der Planungskonzepte der
Schulämter und der Anzahl der bisher
bewilligten M -Standorte schon jetzt
ab, dass das Netz von Hauptschulen
mit M-Zügen im Endausbau auf dem
Land wesentlich dichter sein wird als
das der sechsstufigen Realschulen .
Den mittleren Schulabschluss an der
Hauptschule anzustreben wird also
größere Wohnortnähe oder zumindest
kürzere Fahrwege bedeuten.
Zurück nach Aichach, und zwar an
die Realschule. Welche Erfahrungen lie-
gen aus den zwei Jahren vor, in de–
nen die Wittelsbacher-Realschule im
Rahmen des Schulversuchs zur vierstu–
figen Form noch die sechsstufige hin–
zubekommen hat? Die Lehrer fühlen
sich pädagogisch in ganz neuer Wei–
se herausgefordert und sind vor allem
davon begeistert, dass die Fünftkläss–
ler, ihrem Alter entsprechend, mit ei–
ner natürlichen Lernfreude an den Un–
terricht herangehen. „Sie hungern ge–
radezu nach Wissen", formuliert es
die junge Religionslehrerin Silke Holler.
Und auch in den anderen Fächern, so
die Lehrkräfte, sind der Eifer und die
Lernbereitschaft der Kinder groß, fal–
len Schulaufgaben und Stegreifaufga–
ben dort, wo es sich vom Inhalt her
vergleichen lässt, im Schnitt viel bes–
ser aus als in den 7 . Klassen der vier–
stufigen Form .
„Wenn wir die Kinder von der 5 .
Klasse an haben," meint Schulleiter
Helmut Hillenbrand, „können wir einen
besseren Grundstock legen und über
die Jahre hinweg gleichmäßiger vor–
gehen." Ein weiterer Vorteil : Die Klas–
sengemeinschaft kann sich bei einem
Beginn mit der 5 . Jahrgangsstufe bes–
ser entwickeln . In der vierstufigen Real–
schule fanden die Kinder in der 7.
Klasse allmählich zueinander, wurden
in der 8 . jedoch schon wieder durch
die Aufteilung in Wahlpflichtfächer-
Viele Möglichkeiten
gruppen getrennt. Eine Schwierigkeit
beim Zusammenwachsen einer Klasse,
die nun entfällt.
Die Eltern der kleinen Realschüler
sind bisher ebenfalls überwiegend zu–
frieden. Ihr Sohn, berichtet eine Mutter,
hätte von seinen Noten her an das
Gymnasium gekonnt, aber er sei noch
verspielt und brauche viel Zeit. Des–
halb hätten sie und ihr Mann nach
Rücksprache mit den Grundschulleh–
rern entsch ieden, dass er an der Real–
schule besser aufgehoben sei . „Jetzt
hat er ein gutes Selbstbewusstsein ent–
wickelt. Und wenn er später noch wei–
termachen will, sehe ich da bei den
vielen Möglichkeiten, die unser Schul–
system bietet, kein Problem."
Alle Übertrittsbedingungen auf ei–
nen Blick finden sich auf der nächsten
Seite.
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