Inzwischen läuft der
Betrieb in der Klasse,
die 22 Schülerinnen
und Schüler umfasst,
sehr gut. Für sie gilt der–
selbe Lehrplan wie für
die anderen Klassen
dieser Jahrgangsstufe.
Hinzu kommt aller–
dings noch ein Ergän–
zungsprogramm, das
die Vertiefung der tra–
ditionellen gymnasia–
len Fächer, zusätzliche
Kurse mit psychologi-
Seit
der
12·jährige
Adrian
die Hochbe·
gabtenldasse
besucht, fühlt
er sich rund·
um wohl.
schem Schwerpunkt sowie fächerüber–
greifende Projekte umfasst und in den
höheren Jahrgangsstufen z .B. eine
dritte Fremdsprache, Philosophie, Mar–
keting oder Astronomie anbietet. Da
man in einer Klasse mit Hochbegab–
ten davon ausgehen kann, dass der
Lehrplan in kürzerer Zeit zu bewälti–
gen ist, wird das Ergänzungspro–
gramm sowohl am Vormittag als auch
an einem zusätzlichen Nachmittag
durchgeführt.
Dass die Förderklassen für Hochbe–
gabte erst mit der Jahrgangsstufe 6
beginnen, hat seinen guten Grund .
Können die Lehrkräfte doch so die
Kinder nach dem Übertritt von der
Grundschule ans Gymnasium noch
ein Jahr beobachten, in dem sie sich
mit anderen begabten Schülern aus
verschiedenen Grundschulklassen be–
währen müssen . Und wenn ein Schüler
Englisch - die 1. Fremdsprache in der
Förderklasse - nachlernen muss, weil
er in der 5 . Klasse seines Gymnasi–
ums mit Latein oder Französisch be–
gonnen hat, so ist der Stoff eines
Schuljahres für einen Hochbegabten
kein Problem. Schließlich hat er dazu
ja ein ganzes Jahr Zeit.
Welche Voraussetzungen sind nun
notwendig, um in die Förderklasse für
Hochbegabte aufgenommen zu wer–
den? Dem Antrag auf Aufnahme sind
bisherige Zeugnisse einschließlich des
Übertrittszeugnisses, Ergebnisse von
Intelligenztests und sonstige Befunde
der Begabungsdiagnostik, Hinweise
auf zusätzliche Qualifikationen und
ein Gutachten des Gymnasiums beizu–
geben, an dem das .Kind die 5 . Klas–
se besucht. Da es sich bei Hochbega–
bung um ein sehr komplexes Phäno-
6
SCHULE
aktuell
2/ 99
men handelt, dienen die angeführten
Dokumente als Informationsquellen.
Sie sollen der Schule helfen , eine Aus–
wahl unter den Bewerbern zu treffen .
Für das kommende Schuljahr steht
bereits fest, dass eine zweite Förder–
klasse am Moria-Theresia-Gymnasium
eingerichtet wird . Denn es liegen
schon insgesamt 20 Anmeldungen
vor, 13 Buben und sieben Mädchen .
Warum so wenige Mädchen? Direktor
Günter Endres erklärt sich dieses Zah–
lenverhältnis folgendermaßen:
11
Hoch–
begabte stehen, wenn ihre Begabung
in der Schule nicht erkannt oder geför–
dert wird, unter einem enormen
Druck. Das kann sich beispielsweise
in auffälligem oder aggressivem Ver–
halten äußern, wozu Buben eher nei–
gen als Mädchen ." Letztere könnten
mit diesem Druck besser umgehen,
was dazu führe, dass ihre Hochbega–
bung nicht so leicht
11
entdeckt" werde.
Wenn der erfahrene Pädagoge auch
nachdrücklich darauf hinweist, dass
dies nur seine persönliche Meinung
sei, die auf vielen Jahren Berufserfah–
rung fuße, so klingt die Erklärung
doch plausibel.
Bleibt noch zu klären, worum im
kommenden Schuljahr wieder nur ei–
ne einzige Förderklasse in ganz Bay–
ern zustande kommt. Dafür gibt es,
wie der Schulleiter ausführt, im We–
sentlichen drei Gründe: An erster Stel–
le stehen persönliche Aspekte, die in–
nerhalb der Familie zu suchen sind .
Das heißt, dass bisweilen Eltern ihr
hochbegabtes Kind zwar anmelden
möchten, der Sohn oder die Tochter
dies jedoch ablehnen, weil sie sonst
ihre eben erst geschlossenen Freund–
schaften aufgeben oder einen länge–
ren Schulweg in Kauf nehmen müss–
ten, wenn sie schon nach einem Jahr
wieder die Schule wechseln würden .
Zweitens sei es, so Direktor Endres,
kein Geheimnis, dass andere Gymna–
sien nur ungern ihr
11
bestes Pferd im
Stall" verlieren möchten und den El–
tern daher bisweilen nicht mit beson–
derem Nachdruck zur Anmeldung in
einer Hochbegabtenklasse roten. Zu
diesen beiden genannten Gründen
komme schließlich da und dort man–
gelnde Information der Eltern über die
Hochbegabtenklassen .
11
Nimmt man
diese drei Faktoren zusammen", so der
Oberstudiendirektor,
11
dann muss man
sich nicht wundern, dass in Regens–
burg oder Nürnberg keine Klasse zu–
stande kam, wenn selbst in der Millio–
nenstadt München mit ihrem riesigen
Einzugsgebiet die Anmeldungen nur
für eine einzige Klasse ausreichen ."
Für Frau Baumann, deren Sohn
Adrian die Hochbegabtenklasse be–
sucht, ist diese Einrichtung jedenfalls
ein Glücksfall:
11
Unser Sohn war vorher
oft krank, litt unter Kopfschmerzen
und fehlte häufig in der Schule. Er
Martin aus
der Hochbe·
gabtenldasse
hat neben
der Schule
auch noch
andere
Inter-
essen.
war hoffnungslos unter–
fordert ." Und jetzt? ,,Er
geht gern in die Schu–
le und hat kaum noch
Kopfschmerzen - ein–
fach traumhaft!"
Über die Redaktion zu
beziehen:
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Informationsblatt des
Maria-Theresia-Gymna–
siums
-
Dokumentation 'Kon–
gress Hochbegabten–
förderung'
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