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eruf wieder wählen? 670fo unserer Lehrer sagen "Ja".

sich kein Blatt vor den Mund zu

nehmen; denn alle Antworten

wurden anonym gegeben. Na–

me und Adresse spielten keine

,

!e.

elches Verhältnis haben

Bayerns Lehrer zu ihren Kolle–

gen? Zum Chef? Zu Schülern

und Eitern? Unterrichten sie

gerne? Sind sie mit ihrer Bezah–

lung zufrieden? Strengt sie die

Arbeit im Klassenzimmer an?

Wie beurteilen Sie die Einrich–

tung und Ausstattung ihrer

Schule? Findet ihre Arbeit öf–

fentliche Anerkennung?

Zusammen mit Dutzenden

von Unterfragen zu jedem Pro–

blemkreis hatten die Lehrer

weit über 300 Antwortmöglich–

keiten . Das erstaunliche Ergeb–

nis: Fast 90 Prozent sind mit

Leib und Seele Lehrer. Sie ste–

hen voll zu ihrem Beruf. Sie

wünschen ihn nicht zu wech–

seln, selbst dann nicht, wenn

sie eine verlockende Alternati–

' angeboten bekämen.

' uf die Frage: "Würden Sie

Wieder den gleichen Beruf

wählen, wenn Sie noch einmal

zu entscheiden hätten?", ant–

worteten 67 Prozent mit "ja,

ganz sicher". D ieser von dem

Bamberger Wissenschaftler ge–

messene Wert ist sensationell.

Er ist nämlich doppelt so hoch

wie bei vergleichbaren anderen

Berufsgruppen.

Was macht im Lehramt so–

viel Freude? Die große Mehr–

heit der Pädagogen empfindet

ihre Arbeit als interessant, ab–

wechslungsreich,

anregend

und sinnvoll. Hier kann man

die eigenen Fähigkeiten voll

entfalten . Man findet Resonanz

und Bestätigung. Besonders gu–

te Noten bekommt der Unter–

richt in der Klasse, der tägliche

Umgang mit den Schülern.

Ein weiteres wichtiges Plus

sehen die Lehrer in ihrer großen

Bayerns Lehrer

stellten Ihrem

Beruf ein Zeug–

nis aus. Dieses

Schaubild zeigt,

welche Vorzüge

für sie am mei-

sten zählen.

Selbständigkeit. Interessant ist

auch folgender Aspekt der

Bamberger Untersuchung: Von

den mit ihrem Amt zufriedenen

Lehrern fühlte sich eine über–

wältigende Mehrheit von An–

fang an zu ihrem Beruf berufen .

Unbeirrt blieb sie bei der Sa–

che, vom ersten bis zum letzten

Studienjahr.

Nur fünf Prozent der befrag–

ten Pädagogen geben Schwie–

rigkeiten mit den Eitern als

Nachteil ihres Berufes an. Die

Mehrzahl hat ein problemloses

Verhältnis zu ihnen. Wenn die

Lehrer in puncto Elternhaus et–

was auszusetzen haben, dann

nur dies, daß man sich dort

noch zu wenig um die Schule

kümmert, sich kaum Gedanken

über pädagogische Probleme

macht.

Und das gefürchtete Lehrer–

zimmer? Ist es ein Hort des Ha–

ders? Nicht die Spur. Auch hier

ist die Schulweit in Ordnung.

Bayerns Lehrer kommen gut

miteinander aus und sind auch

mit ihren Vorgesetzten zu–

frieden .

Wer glaubt, daß sich hinter

so positiven Urteilen über das

Berufsfeld Schule ein Heer von

Angepaßten verbirgt, von un–

kritischen Spießern mit Pen–

sionsberechtigung, der irrt. Die

Nicht wunschlos

glücklich

Zufriedenheit der Lehrer mit

ihrem Amt bedeutet keinesfalls

wunschloses Glück,

heißt

nicht, daß es an unseren Schu–

len nichts auszusetzen, nichts

mehr zu verbessern gäbe.

Die zufriedenen Lehrer hal–

ten nämlich mit Kritik nicht hin–

ter dem Berg. Sie fordern zum

Beispiel mehr Fortbildung und

Schluß mit den ständigen Re–

formen. Weil sich unsere Leh-

rer in der Schule voll engagie–

ren, darum klagen sie auch

über physische und psychische

Belastungen . 65 Prozent fühlen

sich nach dem Unterricht mü–

de, abgespannt. 77 Prozent

meinen gar, daß die berufli–

chen Anstrengungen auf Kosten

ihrer Gesundheit gingen.

Die Lehrer sind auch nicht

blind für überfüllte Klassenzim–

mer, für zuviel Verwaltungsar–

beit und Lehrstoff. Auch die

Ausstattung ihrer Schule läßt da

und dort noch Wünsche offen.

ln einem Punkt aber sind sich

die meisten Lehrer einig: 85

Prozent glauben nämlich nicht,

daß ihr Beruf in der Öffentlich–

keit das Ansehen genießt, das

ihm gebührt.

Ähnlich kritisch fällt das Ur–

teil über die Besoldung aus.

Von drei Lehrern sind zwei mit

ihrem Einkommen nicht zufrie–

den, fühlen ihre Arbeit unterbe–

wertet. Aber trotz solcher Ein–

schränkungen mag eine über–

wältigende Mehrheit unserer

Lehrer ihren Beruf gerne. Sie

glaubt, die richtige Wahl ge–

troffen zu haben.

Nun ein Blick auf die kleine

Schar der Unzufriedenen.

Überraschend ist, daß sie ge–

nau die Seiten des Berufes ne–

gativ sieht, denen die zufriede–

nen Lehrer die Pluspunkte ge–

ben . Unzufriedene Lehrer ha–

ben mit dem Unterricht

Schwierigkeiten . Sie kommen

mit den Schülern nicht gut zu–

recht, klagen über Disziplinlo–

sigkeit und geringen Lerneifer

der Kinder. Sie fühlen sich auch

schlecht ausgebildet für ihren

Beruf.

Sehr auffällig ist folgende Be–

obachtung der Bamberger Stu–

die: Unter den unzufriedenen

Lehrern sind viele, die als Stu–

denten umsattelten . Viele woll–

ten ursprünglich etwas anderes

werden und verstehen ihr Amt

nicht als Beruf, sondern als )ob.

Freude am Unterricht, Liebe

zu den Kindern, kurz die päd–

agogischen Aufgaben sieht der

zufriedene Lehrer als Kernstück

seiner Arbeit. Ganz anders der

unzufriedene. Wenn er an sei–

nem Beruf etwas schätzt, dann

sind es die äußeren Umstände:

die unkündbare Stellung, Frei–

zeit und Ferien, eine relativ

kurze Ausbildung sowie die

Mögl ichkeit zur Teilzeitbe–

schäftigung.

Der Typus des mit seinem

Beruf unzufriedenen Lehrers

sieht nach Dr. Merz so aus: Er

ist männlich, noch keine 30

Jahre alt, unverheiratet, ohne

feste religiöse Bindung, nach

innen gewandt und leidet unter

Kontaktschwierigkeiten.

Nicht nur zu seinem Beruf

hat der unzufriedene Lehrer ein

gespanntes Verhältnis. Auch

den anderen Seiten des Lebens

vermag er kaum Freude abzu–

gewinnen . Seine pädagogische

Praxis ist noch gering, höch–

stens drei Berufsjahre hat er

aufzuweisen . Allerdings hält er

sich für progressiv und reform–

freudig.

Sonstige interessante Einzel–

heiten der Untersuchung von

jürgen Merz: Lehrerinnen sind

mit ihrem Beruf zufriedener als

ihre männlichen Kollegen, ver–

heiratete Lehrer finden in ihrem

Beruf mehr Erfüllung als Jung–

gesellen. Ab dem dritten

Dienstjahr steigt auffallend die

Zufriedenheit im Lehrberuf.

Kinder in guten

Händen

Grundschullehrer gehen lieber

in die Schule als Studienräte am

Gymnasium und Hauptschul–

lehrer.

Ist das, was jürgen Merz von

dem Innenleben der Lehrer be–

richtet, nur für Insider von In–

teresse, für Wissenschaftler und

Spezialisten? Das Gegenteil ist

richtig. Die Zufriedenheit mit

dem Beruf hängt nämlich aufs

engste mit dem Verhalten am

Arbeitsplatz zusammen . Wer

seinen -Beruf liebt, mit Freude

bei der Sache ist, der setzt sich

stärker ein , leistet mehr als der

Unzufriedene. Das ist in jedem

Beruf so.

Am Arbeitsplatz Schule steht

und fällt die Atmosphäre mit

Lust und Laune des Lehrers im

Klassenzimmer. Geht er gern

mit der Jugend um, ist das bes–

ser für die Kinder, steigt die

Qualität des Unterrichts. Des–

halb hat die Bamberger Studie

nicht nur akademischen Wert.

Sie belegt klar: Unsere Kinder

sind in guten Händen.

Nicht nur die Eitern, sondern

wir alle können damit zufrie–

den sein. Die Untersuchung

von Dr. Merz hilft uns, die täg–

liche Schlagwortkanonade von

der "Schulfront" mit mehr Ge–

lassenheit zu nehmen und das

Schlachtgetümmel in der richti–

gen Dimension zu sehen . Man–

cherlei Krach und Getöse sind

nur Theater, stammen häufig

vom Donnerblech .

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