DER RECHTE WEG
FÜR LINKSHÄNDER
Fortsetzung von Seite 11
Napoleon nichts.
Rund zehn Prozent der Be–
völkerung sind als Linkshänder
einzustufen. Gemessen an 90
Prozent Rechtshändern handelt
es sich also um eine kleine
Minderheit. Aber auch sie hat
ein Recht auf Verständnis und
Toleranz. Vor allem im Kindes–
alter.
Darum gibt es für Bayerns
Grundschulen eine eigene Vor–
schrift: Fällt einem Kind das
Schreiben mit der rechten
Hand schwer, soll es der Lehrer
im Gebrauch der linken Hand
bestärken. Er soll es keinesfalls
zwingen, mit der Rechten zu
schreiben .
Wie aber kommt es über–
haupt zur Linkshändigkeit? Ist
das eine vererbte Anlage oder
auf Erziehung und Umweltein–
flüsse zurückzuführen? Die
meisten Wissenschaftler neh–
men an, daß Vererbung den
Linkshänder gibt es in allen
Be–
rufen. Sie arbeiten ebenso rasch
und gut wie die Rechtshänder.
Ausschlag gibt. Wie das im ein–
zelnen abläuft, ist aber noch
offen.
Sicher weiß man folgendes :
Alle Menschen haben eine
Hirnhälfte, die zuständig ist für
Sprache und Bewegung. Bei 90
Prozent ist das die linke Hälfte.
Weil sich die Nervenbahnen
beim Austritt aus dem Gehirn
kreuzen, bevorzugen diese
Menschen die rechte Hand.
Bei den Linkshändern ist es
gerade umgekehrt. Ihre rechte
Hirnhälfte enthält in der Regel
das Zentrum für Bewegung und
Sprache. Die gewaltsame Um–
gewöhnung auf die rechte
Hand kann darum zu Sprech–
störungen und körperlicher Un–
ruhe führen. Der Fall Peter ist
dafür ein,typisches Beispiel.
Die Anlage zum Linkshänder
gibt sich früh zu erkennen.
Schon im 7. oder 8. Lebensmo–
nat zeigt sich, mit welcher
Hand das Baby häufiger zu–
greift. Ab dem 15. Monat ist die
Vorzugshand bereits ausge–
prägt. Jede aufmerksame Mut–
ter kann dies feststellen.
Hält sie dem Kind nämlich
den Schnuller, eine Rassel oder
ein Bauklötzchen hin, wird es
überwiegend mit ein und der–
selben Hand danach greifen .
Daran erkennt man, ob die
Rechte oder die Linke die Vor–
zugshand ist.
Allgemein gilt: Je jünger das
Kind ist, desto weniger zuver–
lässig ist der Rückschluß auf
eine typische Linkshändigkeit.
Die sichere Diagnose macht
Langzeitbeobachtungen erfor–
derlich.
Die Linkshändigkelt bel Buben und Mädchen
12
Schüler
(allgemein)
Schülermit
schweren
Sprachstörungen
Sonder–
schüler
DieNatur
macht Unter·
schiede
Welche Gruppe auch untersucht
wurde, stets fand man unter den
Buben (rote Säulen) mehr
Linkshänder als bei den Mäd–
chen (gelbe Säulen). Eine Erklä–
rung dafür gibt es nicht.
Quelle: WolfgangAschmoneit. 1972
Sichere Auskunft, ob ein
Kind beide Hände unter–
schiedslos benützt, ob es die
Linke nur gelegentlich bevor–
zugt oder gar ausschließlich
verwendet, erhält man nicht
von heute auf morgen . Je stär–
ker die Sprechfertigkeit ausge–
bildet ist, desto deutlicher gibt
sich auch die Führungshand zu
erkennen .
Eitern, die bis zum dritten Le–
bensjahr bei ihrem Kind Anzei–
chen einer linken Vorzugshand
beobachten, sollten unbedingt
mit der Kindergärtnerin darüber
sprechen. Schon im Vorschul–
alter geht es darum, die Links–
händigkeit nicht nur zu dulden,
sondern sogar zu fördern .
Auch zu Hause darf das Kind
keinesfalls auf die rechte Hand
umgewöhnt oder für den Ge–
brauch der linken getadelt wer–
den. Es spürt sehr rasch, wie
Vater und Mutter zu seiner
Linkshändigkeil stehen.
Wird sie abgelehnt, stürzt
das Kind in einen tiefen Zwie–
spalt. Einerseits will es nämlich
den Eitern gehorchen und an–
genommen sein von ihnen. Die
Umgewöhnung auf die rechte
Hand aber zwingt es, gegen
seine Natur zu handeln.
Eltern, Lehrer und Erzieher
müssen sich über folgende
Grundregel im klaren sein: Es
gibt keine sogenannte "schöne
Hand", mit der man andere be–
grüßt, beim Essen den Löffel
Aufdie
richtige
Technik
kommt es an
Einelinke
Schreibhand kann
ebenso schön und
flüssig schreiben
wie die rechte,
vorausgesetzt
man beachtet eini–
ge Regeln. Das
Heft oder Blatt
sollte zum Bei–
spiel mit einem
Winkel von 30
Grad nach rechts
geneigt auf dem
Tisch liegen (sie–
he Zeichnung).
Dann sitzt das
Kind aufrecht un
gerade, das Ge–
schriebene wird
von der linken
Schreibhand nicht
verwischt.
hält oder einen Brief sczhreibt.
Das ist ledigl ich eine Sache der
Übereinkunft. Wer es mit der
Linken besser und geschickter
kann, warum sollte der es dann
nicht tun?
Eitern müssen sich auch frei
machen von Ängsten und Vor–
urteilen . Linkshändige Kinder
haben nämlich aufgrund ihrer
Veranlagung weder größere
Schulschwierigkeiten
noch
mehr Verhaltensstörungen als
Rechtshänder. Erst die gewalt–
same Umgewöhnung der Vor–
zugshand führt zu negativen E
scheinungen.
Wenn ein Kind mit drei oder
vier Jahren die linke Hand be–
vorzugt, ist damit übrigens
noch nicht die Schreibhand
festgelegt. Diese läßt sich erst
sicher im Alter von sechs Jahren
erkennen, also beim Eintritt in
die Grundschule.
Dort soll das Kind mit der
Hand zu schreiben beginnen,
die es spontan bevorzugt. Aber
absolute Sicherheit gewinnt
man auch hierdurch nicht. Es
gibt Zweifelsfälle. Das sind
linkshändige Kinder, die unter
dem Druck der Umwelt sich
rechtshändig geben, um nur ja
nicht aufzufallen.
Solche Kinder schreiben zu
Hause mit der linken Hand, in
der Schule aber mit der rech–
ten. ln diesen Fällen hilft die
Wissenschaft. Sie hat Metho–
den entwickelt, die eine sichere