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stark ausgebaut waren. Es gab vielfältige Versuche, den
Stellungskrieg zu überwinden. Sehr häufig wurden be-
stimmte Frontabschnitte stunden-, manchmal auch
tagelang mit schwerer Artillerie beschossen, um diesen
Abschnitt dann nach Überwindung des Niemandslands
durch Sturmangriffe zu nehmen. Eine weitere Möglich-
keit, Breschen in die Verteidigung zu schlagen, war der
Gaskrieg. Beide ‚Methoden‘ waren Teil des Konzepts
der Materialschlacht, bzw. Abnutzungsstrategie, bei
der versucht wurde, den Gegner unter Einsatz enormer
Mengen von Mensch und Material zu besiegen. Dies
forderte Millionen von Opfern und führte letztendlich
zu keinem entscheidenden Vorteil. Erst der Einsatz von
Panzern brachte wieder Bewegung in den Stellungskrieg.
Tank/Panzer: Ein Versuch, den Stellungskrieg zu
überwinden, war der Einsatz geländegängiger und ge-
panzerter Kettenfahrzeuge, die mit Maschinengeweh-
ren und/oder Kanonen bewaffnet waren. Britische In-
genieure arbeiteten seit 1914 an erstenModellen, 1916
kam zum ersten Mal der britische Mark I bei Flers
zum Einsatz, erwies sich aber vor allem wegen techni-
scher Mängel noch nicht als besonders wirkungsvoll.
Seit Ende 1917 hatten v.a. weiterentwickelte britische
Tanks entscheidenden Anteil bei erfolgreichen Offen-
siven gegen die deutschen Linien, da Schützengräben
und Verteidigungsstellungen nun im wahrsten Sinne
des Wortes überrollt werden konnten. Auch die psy-
chologische Wirkung der anrollenden Tanks auf die
deutschen Soldaten darf nicht unterschätzt werden.
Verdun: Der Name der französischen Stadt Verdun
und des dazugehörigen Festungsgürtels ist zum Sym-
bol für das sinnlose Massensterben im Stellungskrieg
geworden. Durch die Eroberung der Befestigungen
sollte die Erstarrung der Frontlinie überwunden wer-
den. Für Frankreich hatte das Halten der Festungen
große symbolische Bedeutung. So tobte zwischen Fe-
bruar und Dezember 1916 eine der größten Material
schlachten des 1. Weltkrieges, die über 700.000 Tote
forderte. Heute ist Verdun einer der zentralen Erinne-
rungsorte für die Opfer des Ersten Weltkriegs.
Versailler Vertrag: Am 28. Juni 1919 wurde
der Friedensvertrag zwischen Deutschland und den
Entente-Mächten vom deutschen Außenminister Mül-
ler und Verkehrsminister Bell im Spiegelsaal von Ver-
sailles unterzeichnet. Die deutsche Delegation hatte
keinerlei Einfluss auf den Vertragsinhalt gehabt, auch
eine Ablehnung des Vertrags war angesichts der Inter-
ventionsdrohung durch die Alliierten unmöglich. Der
Vertrag beinhaltete für Deutschland u.a. den Verlust
eines Siebtels seines Territoriums und eines Zehntels
seiner Bevölkerung, außerdem verlor es alle seine über-
seeischen Kolonien. Unter den Bestimmungen wurden
vor allem die Zuweisung der alleinigen Kriegsschuld der
Deutschen und die damit verbundene Forderung nach
Reparationen und die militärischen Einschränkungen
als besonders demütigend empfunden. So wurde das
Heer auf 100.000 Mann reduziert, schwere Waffen und
Luftstreitkräfte waren den Deutschen untersagt. Der
Versailler Vertrag wirkte umso niederschmetternder auf
die deutsche Bevölkerung, da die Propaganda der Obers-
ten Heeresleitung die verzweifelte militärische Lage der
deutschen Streitkräfte bis Kriegsende verschwiegen bzw.
beschönigt hatte. Der Vertrag erwies sich als extreme Be-
lastung für die junge Weimarer Republik, da vor allem,
aber nicht nur, die extreme politische Rechte den repu-
blikanischen Kräften vorwarf, mit der Unterzeichnung
Mitschuld an der Demütigung Deutschlands zu tragen.
Waffenstillstand: Um 5 Uhr morgens am 11.
November 1918 unterzeichnete der deutsche Delegati-
onsleiter Matthias Erzberger in einem Eisenbahnwagon
denWaffenstillstandsvertrag, der um 11 Uhr vormittags
in Kraft trat. Der Salonwagen stand in einemWäldchen
in der Nähe des nordfranzösischen Compiègne. Erzber-
ger hatte das Dokument, das einer bedingungslosen
Kapitulation gleichkam, zunächst nicht unterzeichnen
wollen, erhielt aber von Generalfeldmarschall Paul von
Hindenburg aus dem deutschen Hauptquartier der
Obersten Heeresleitung die Nachricht, dass ein Waf-
fenstillstand unbedingt erforderlich sei. Wenig später
wird Hindenburg die Tatsache, dass kein Vertreter der
deutschen militärischen Führung das Dokument un-
terzeichnet hat, dazu nutzen, die Legende vom ‚Dolch-
stoß‘ zu verbreiten: das ‚im Felde unbesiegte‘ Heer sei
durch den ‚Dolchstoß‘ der ‚Novemberverbrecher‘ zur
Aufgabe gezwungen worden.
Wettrüsten: Unter dem Begriff Wettrüsten ver-
steht man das Bestreben, durch ständige, schrittweise
erfolgende Aufrüstung mehr und bessere Waffen zu be-
sitzen als ein als Feind empfundener anderer Staat. Vor
dem Ersten Weltkrieg waren von dieser Entwicklung
vor allem das Deutsche Reich und Großbritannien be-
troffen. Der deutsche Kaiser Wilhelm II. forcierte nach
1898 einen massiven Ausbau der Kriegsflotte. Dies
führte dazu, dass sich Großbritannien in seiner Vorherr-
schaft zur See gefährdet sah. So kam eine Rüstungsspi-
rale in Gang, die unter anderem dazu führte, dass sich
beide Staaten vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges sehr
misstrauisch gegenüberstanden und diplomatische Ver-
handlungslösungen immer schwieriger wurden.