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Mittler zwischen Ost und West?

Einsichten und Perspektiven 3 | 16

hender Organisationen wie der NATO betonte.

19

Schrö-

der kritisierte wiederum wie Putin die US-Pläne für ein

Raketenabwehrprogramm in Europa.

Die Annäherung an Russland half aber nicht, das Land

an Europa zu binden. Stattdessen schien Berlin wirt-

schaftsgetriebene Interessenpolitik zu betreiben. Schröder

bezeichnete Putin als „lupenreinen Demokraten“ und

überdeckte Moskaus Rückschritte im Demokratisierungs-

und Liberalisierungsprozess. Der 2005 vereinbarte Bau

der North-Stream-Pipeline, die russisches Gas durch die

Ostsee direkt nach Deutschland liefern würde, trug nicht

dazu bei, die russische Repressionspolitik gegen seine

Nachbarn einzuhegen. Als Reaktion auf seinen Einfluss-

verlust impostsowjetischen RaumnutzteMoskau Ressour-

cenexporte nämlich wiederholt – z.B. nach der „Orangen

Revolution“ 2004 in der Ukraine – als politisches Druck-

mittel. Die Direktverbindung koppelte Deutschland von

den Transitstaaten ab. Wie schwer in Osteuropa die Sorge

vor einem deutsch-russischen Schulterschluss wog, zeigte

sich daran, dass Polen das Projekt in der „Tradition des

Ribbentrop-Molotow-Pakts“ sah.

20

19 Vgl. Deutscher Bundestag: Wortprotokoll der Rede Wladimir Putins im Deut-

schen Bundestag, 25.09.2001,

<www.bundestag.de/kulturundgeschichte/

geschichte/gastredner/putin/putin_wort/244966> [Stand: 05.09.2016].

20 Vgl. generell Hans-Joachim Spanger: Die deutsche Russlandpolitik, in: Deut-

sche Außenpolitik, hg. v. Thomas Jäger/Alexander Höse/Kai Oppermann,

2

Wiesbaden 2011, S. 648–672; Zitat von Radoslaw Sikorski ebd. S. 648.

In Washington, Brüssel und Osteuropa rief dies ernste

Sorgen hervor. Konsequent zu Ende gedacht stellte sich

nämlich die Frage, ob sich Deutschland außenpolitisch

neu positionierte. Eine ordnungspolitische Alternativkon-

zeption stand jedoch nicht zur Debatte. Avancen Moskaus

für eine neue Sicherheitsarchitektur lehnte Schröder ab:

„Nato, Europäische Union und die Organisation für

Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa bieten einen

ausreichenden Rahmen für die fortschreitende Einbin-

dung Russlands in die europäischen und transatlantischen

Sicherheitsstrukturen.“

21

In der NATO weitete Deutsch-

land sein Engagement sukzessive aus. Auch in der Erwei-

terungspolitik gab es Kontinuität. Deutschland setzte

sich dafür ein, dass Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen,

Rumänien, die Slowakei und Slowenien 2004 in die Atlan-

tische Allianz aufgenommen wurden. Das Bündnis hatte

vor der Entscheidung 2002 mit dem NATO-Russland-

Rat das Verhältnis zu Moskau erneut vertieft; Russland

hatte erklärt, dass die Erweiterungspolitik seine Interessen

nicht gefährdete.

22

Daneben war Deutschland ein enger

Verbündeter der zehn Staaten, die 2004 der EU beitraten:

21 Gerhard Schröder: Deutsche Russlandpolitik – europäische Ostpolitik. Ge-

gen Stereotype, für Partnerschaft und Offenheit – eine Positionsbestim-

mung, in: Die Zeit v. 05.04.2001.

22 Vgl. Gunter Hauser: Der Beitrag der Nato zur europäischen Friedensord-

nung, in: „Gesamteuropäische Friedensordnung 1989–2009“, hg. v. Michael

Staack, Bremen 2010, S. 48–78, hier S. 60.

Bundeskanzler Gerhard Schröder und Präsident Wladimir Putin in Moskau, 9. Mai 2005

Foto: ullstein bild/BPA