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Mittler zwischen Ost und West?

Einsichten und Perspektiven 3 | 16

großes Verständnis entgegenbrachte.

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Stattdessen richtete

die NATO 1994 mit der „Partnerschaft für den Frieden“

(PfP) ein weiteres Assoziierungsprogramm ein, zu dem

auch Russland eingeladen war.

Ab 1994 ging es letztlich nicht mehr um die Frage,

ob sich die NATO öffnen würde, sondern um das Wie.

Schließlich war ein Vakuum mit Sicherheitsdilemmata im

Osten Europas in niemandes Interesse. Außerdem ließen

sich mit strengen Kriterien (z.B. zivile Kontrolle des Mili-

tärs; demokratische Verfasstheit des Staates) die Reformpro-

zesse der Beitrittskandidaten unterstützen. Für Deutschland

war zudem wichtig, die Stabilisierung der östlichen Nach-

barschaft zu einer Gemeinschaftsaufgabe zu machen. Das

Weißbuch des Bundesverteidigungsministeriums von 1994

folgerte: „Das klare Signal, für neue Mitglieder offen zu

sein, ist ein wichtiger Beitrag der NATO zur Stabilisierung

des östlichen Europa. Integration und Kooperation sind die

tragende Elemente eines vernünftigen Gesamtkonzeptes für

die europäische Stabilität.“ 

12

Zugleich befürworteten Kanz-

ler Kohl und Außenminister Klaus Kinkel mit Rücksicht

auf Russland weiter eine abwartende Linie.

11 Vgl. Varwick (wie Anm. 9), S. 99 f.

12 Bundesministerium der Verteidigung: Weißbuch 1994 zur Sicherheit der

Bundesrepublik Deutschland und zur Lage und Zukunft der Bundeswehr,

Bonn 1994, S. viii–ix.

Eine Erweiterung musste, dafür setzte sich die Bundes-

regierung von Anfang an ein, Hand in Hand gehen mit

dem Beziehungsaufbau zu Russland. Zwar hatte es weder

eine Abmachung gegeben, die NATO nicht für neue Mit-

glieder zu öffnen, noch besaß Russland ein Vetorecht über

die politischen Weichenstellungen souveräner Staaten.

Doch es sollte verhindert werden, dass die Erweiterung

der Allianz missverstanden würde als ein gegen Russland

gerichteter Schritt. Die defensive Ausrichtung der NATO

zu betonen, reichte dazu nicht aus.

Die NATO-Russland-Grundakte vom Mai 1997, bei

deren Verhandlung Deutschland eine Führungsrolle über-

nommen hatte, hob das bilaterale Verhältnis auf eine neue

Stufe. Darin bekannten sich Russland und die NATO

zum Aufbau einer engen Partnerschaft und zum „Bau

eines stabilen, friedlichen und ungeteilten, geeinten und

freien Europas“. Zur Konsultation und Koordination

sollte ein „Gemeinsamer Ständiger NATO-Russland-Rat“

dienen. Außerdem verpflichtete sich die NATO, auf die

ständige Stationierung von Kampfverbänden und Nukle-

arwaffen in den neuen Mitgliedsländern zu verzichten.

13

13 Vgl. Grundakte über Gegenseitige Beziehungen, Zusammenarbeit und Si-

cherheit zwischen der Nordatlantikvertrags-Organisation und der Russi-

schen Föderation, 27.05.1997,

<www.nato.diplo.de/contentblob/1940894/

Daten/.../1997_05_Paris_DownlDat.pdf> [Stand: 06.09.2016].

Gruppenbild nach der Unterzeichnung der NATO-Russland-Grundakte, 27. Mai 1997

Bild: picture-alliance/dpa