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Einsichten und Perspektiven 3 | 16
Am 8. November 2016 wählen die US-Amerikaner ihren neuen Präsidenten, der
Wahlkampf läuft auf Hochtouren. Für die Demokraten geht Hillary Clinton, die
ewige Kandidatin, ins Rennen. Sie will ihre lange politische Karriere mit dem
Präsidentenamt abschließen. Bei den Republikanern tritt ein Kandidat an, der
gar kein richtiger Republikaner ist und der die Nation mit rechtspopulistischen
Provokationen spaltet: der Immobilienunternehmer und TV-Entertainer Donald
Trump. Dieser Artikel untersucht die Nominierung der Kandidaten und ihre
Anhängerschaft, ihre politischen Positionen und ihre Aussichten auf Erfolg.
Der republikanische Alptraum: Donald Trump
Es ist der Alptraum der amerikanischen Parteien: Ein
extremer, eigentlich unwählbarer Kandidat ohne starke
Parteibindung gewinnt die basisdemokratisch organisier-
ten Vorwahlen
1
und damit die Präsidentschaftsnominie-
rung – und fährt dann mit Höchstgeschwindigkeit gegen
die Wand. Eine solche Schmach mussten die Republika-
ner 1964 mit dem ultrakonservativen Barry Goldwater
erleben. 2016 setzte sich mit Donald Trump der extremste
Kandidat seit langem durch. Wie konnte das passieren?
Feindliche Übernahme: Trumps Sieg in den republikani-
schen Vorwahlen
Hintergrund ist die extreme Spaltung der Republikaner in
zwei politische Lager: die pragmatischen Konservativen (oft
das republikanische Establishment genannt) und die radikal
ideologisch Konservativen (derzeit als
Tea Party Movement
bekannt). Beide bekennen sich in unterschiedlichem Maß
zum amerikanischen Konservativismus, der die deutliche
Verschlankung der Bundesregierung und die Verteidigung
traditioneller Moralvorstellungen zum Ziel hat. Die Prag-
matiker sehen sich als die Partei der Wirtschaft: Sie wol-
len Steuern senken und Regulierungen abbauen und sind
dafür durchaus zu Kompromissen mit den Demokraten
bereit. Die Tea Party hingegen fordert die brutalstmögliche
Reduktion von Macht und Finanzen des Bundes und lehnt
Kompromisse als Ausverkauf konservativer Werte rund-
heraus ab. Seit 2010 führte diese Spaltung immer wieder
zu heftigstem parteiinternen Streit, zum Beispiel über die
Haushalts- oder Einwanderungspolitik.
1 Die Struktur der Parteien sowie das Vorwahlsystem werden im ersten Ar-
tikel dieser Serie erläutert: Markus Hünemörder: Der Kampf ums Weiße
Haus 2016, Folge 1, Wahlsystem, Parteien und Hintergründe, in: Einsich-
ten und Perspektiven 2/2016), S. 44–53.
Bei der Präsidentschaftsnominierung 2012 setzte sich das
Establishment mit Mitt Romney auch deshalb klar durch,
weil die Tea Party keinen überzeugenden Kandidaten
präsentieren konnte. Der Vorwahlkampf 2016 hingegen
wurde zum wildesten Hauen und Stechen um die repu-
blikanische Präsidentschaftsnominierung seit Jahrzehn-
ten. Nicht weniger als 17 Kandidaten traten an, darun-
ter prominente Gouverneure und Senatoren – und eben
Donald Trump. Die meisten Beobachter rechneten mit
einem Showdown zwischen dem Establishment und der
Tea Party, wahrscheinlich zwischen Präsidentensohn und
-bruder Jeb Bush und Ted Cruz, dem ultrakonservativen
Senator aus Texas. Doch es kam anders. Die Vertreter des
Establishments fielen bei den republikanischen Vorwäh-
lern alle sang- und klanglos durch. Ted Cruz dagegen stieg
zwar tatsächlich zum Hoffnungsträger der
Tea Party
auf,
doch selbst er musste imMai seine Niederlage eingestehen.
Teile und herrsche, sagt das Sprichwort. Trump hatte
einen großen Vorteil bei seiner Eroberung der republika-
nischen Partei: Sie war bereits zutiefst gespalten. In diese
Lücke stieß Trump und besiegte sowohl das republikani-
sche Establishment als auch die
Tea Party.
Fünf Gründe, warum Donald Trump den republikanischen
Vorwahlkampf gewann
Dennoch war die Nominierung Trumps alles andere als
vorhersehbar. Der Immobilienmilliardär Trump (geb.
1946) ist in den USA als schillernde Gestalt der Geschäfts-
und Medienwelt bekannt, ein TV-Prominenter und Sprü-
cheklopfer, der mehr in den Klatschspalten und Reality
Shows zu Hause ist als in den Korridoren der politischen
Macht. Zwar hat Trump bereits seit 1988 immer wie-
der mit präsidentiellen Ambitionen gespielt, doch ernst
genommen wurde er nur von den „Simpsons“. Im Jahr
2000 zeigte die Cartoon-Serie eine Zukunft, in der Lisa