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Einsichten und Perspektiven 3 | 16

telamerika und Asien. Die legale Einwanderung (circa eine

Million pro Jahr) war dabei lange Zeit kaum umstritten,

doch auch das ändert sich mit Trumps Wahlkampf.

Schon lange kontrovers ist hingegen die illegale Ein-

wanderung. Schätzungen zufolge leben circa elf Millionen

Menschen ohne gültige Aufenthaltserlaubnis in den USA,

die meisten von ihnen stammen aus Mexiko und Mittel-

amerika. Jedes Jahr kommen neue illegale Einwanderer

ins Land, doch vermehrte Abschiebungen, stärkere Grenz­

sicherung und Rückwanderung halten die Gesamtzahl

stabil. Viele der illegalen Einwanderer leben seit langem

in den USA und sind Teil der Gesellschaft und des Wirt-

schaftssystems. Politisch gesehen sind sie allerdings ein

heißes Eisen. Die Demokraten unterstützen mittlerweile

die mehrheitliche Legalisierung. Das hat ihnen die wach-

sende Unterstützung der

Hispanic

-Wähler eingebracht.

Diese sind zwar selber US-amerikanische Staatsbürger,

haben aber oft familiäre Verbindung zu illegalen Einwan-

deren. Die Republikaner sind gespalten: Die pragmati-

schen Konservativen können sich einen Kompromiss aus

mehr Grenzsicherung und teilweiser Legalisierung vorstel-

len; die Tea Party lehnt eine solche „Amnestie“ strikt ab.

An dieser Stelle hakt Donald Trump mit zwar nicht ori-

gineller, aber heftiger Rhetorik ein. Der Durchbruch im

Wahlkampf gelang ihm mit drei radikalen Forderungen:

a) massenhafte Abschiebung der illegalen Einwanderer, b)

Bau einer Mauer entlang der gesamten US-mexikanischen

Grenze und c) Abschaffung der automatischen Staatsbür-

gerschaft für die in den USA geborenen Kinder illegaler

Einwanderer. Die schiere Undurchführbarkeit seiner Pläne

ignoriert er dabei: Die Abschiebungen sind angesichts des

Riesenlandes ohne Einwohnermeldewesen kaum möglich.

Die Mauer wäre unbezahlbar und in weiten Teilen tech-

nisch kaum durchführbar. Die Abschaffung der automati-

schen Staatsbürgerschaft würde eine Verfassungsänderung

erfordern, für die es keine Mehrheit gibt.

In einer Rede vor seinen Anhängern im Juni 2015

setzte Trump noch eins drauf:

„When Mexico sends its peo-

ple, they’re not sending their best. They’re not sending you.

They’re not sending you. They’re sending people that have

lots of problems, and they’re bringing those problems with

us. They’re bringing drugs. They’re bringing crime. They’re

rapists. And some, I assume, are good people.“ 

5

Mexiko

5 „Wenn Mexiko seine Leute schickt, schicken sie nicht ihre Besten. Sie

schicken nicht euch. Sie schicken nicht euch. Sie schicken Leute, die viele

Probleme haben und die bringen diese Probleme zu uns. Sie bringen Dro-

gen. Sie bringen Kriminalität. Sie sind Vergewaltiger. Und manche, nehme

ich an, sind gute Leute“,

http://wpo.st/O_xw1

[Stand 09.09.2016].

exportiert also laut Trump Drogenhändler und Vergewal-

tiger in die USA, und dabei macht er sich nicht mal die

Mühe, zwischen illegalen und legalen Immigranten zu

unterscheiden. Es war diese Rede, die Trump den Ruf des

fremdenfeindlichen Rassisten einbrachte. In der Tat ist

solch brachiale Rhetorik außerhalb der extremen, rassis-

tischen Rechten, der sogenannten

„alt-right“,

in der US-

Politik unerhört.

Nach den IS-Terroranschlägen von Paris und San

Bernardino, Kalifornien, gegen Ende 2015 verlagerte

Trump seine Angriffe von illegalen Immigranten auf Mus-

lime. Seine wohl berüchtigtste Position ist die Forderung,

zumindest zeitweilig allen Muslimen die Einreise in die

USA zu verweigern. Der Entrüstungssturm war groß,

denn eine solche religiöse Diskriminierung läuft den

Grundwerten der USA zuwider; Religionsfreiheit gilt als

höchstes Gut.

6

Trump schwächte seine Forderung spä-

ter ab und fordert nun eine strenge Gesinnungsprüfung

bei allen Menschen aus vom Terrorismus gezeichneten

Ländern, aber unterm Strich gelten Muslime bei Trump

grundsätzlich als Terrorverdächtige.

Wem Trumps Angriffe gegen Einwanderer und Mus-

lime bekannt vorkommen, liegt völlig richtig: Er bedient

dieselben Ressentiments wie die rechtspopulistischen Par-

teien in Europa. Der niederländische Islamhasser Geert

Wilders war sogar beim Parteitag der Republikaner zu

Gast, auf dem Trump offiziell zum Präsidentschaftskandi-

daten gekürt wurde.

7

America First: Trumps Themen und Positionen

Auch sonst sind Trumps politische Positionen meist

rechtspopulistisch und vom Wunsch geprägt, die USA

von der als bedrohlich und feindlich wahrgenommenen

Welt abzuschotten. Allerdings ist es nicht einfach, Trump

auf konkrete politische Positionen festzunageln: Er bleibt

bewusst vage und widerspricht sich regelmäßig.

8

1. Protektionismus

Trump ist ein Kritiker von Freihandelsabkommen, die

er für den Wegfall von Arbeitsplätzen in den USA ver-

antwortlich macht. Das nordamerikanische Freihan-

delsabkommen NAFTA will er neu verhandeln oder

6 Gerade bei den erzrepublikanischen Mormonen verlor Trump massiv an

Unterstützung, denn die erinnern sich nur zu gut an die eigene Verfolgung

im 19. Jahrhundert.

7 Vgl.

http://wpo.st/DTTw1

[Stand 06.09.2016].

8 Eine gute Zusammenfassung findet sich bei Max Ehrenfreund und Jim

Tankersley: What Donald Trump wants to do to America, Washington Post,

04.05.2016,

http://wpo.st/pTbw1

[Stand 06.09.2016].