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Kampf ums Weiße Haus 2016

rierender Politiker ist wie Obama und die afroamerikani-

schen Demokraten lieber Clinton unterstützen.

Altlasten und mehr: Clintons Kontroversen und

Imageprobleme

Man sollte nun meinen, dass eine erfahrene und relativ

moderate Politikerin wie Clinton leichtes Spiel hätte mit

einem Rechtspopulisten ohne volle Unterstützung der

eigenen Partei. Doch genau wie Clinton mahnt, dass ein

Präsident Trump um jeden Preis verhindert werden muss,

bringt Trump dasselbe Argument gegen Clinton vor und

findet damit viel Gehör. Trump mag der unbeliebteste

Politiker der USA sein, doch Clinton ist die Nummer

zwei.

14

Warum ist das so?

1. Inkarnation des Status Quo

Anders als Sanders oder auch Trump kann Clinton sich

nie als Revolutionärin gegen das vorherrschende Sys-

tem der Bundespolitik präsentieren. Dafür ist sie schon

viel zu lange Teil dieses Systems, sie gilt vielen Wählern

als dessen Inkarnation. Das ist angesichts des enormen

Frusts über den Status Quo links wie rechts ein großes

Problem.

2. Altlasten der 1990er Jahre

Bill und Hillary Clinton waren in viele Kontroversen

und Skandale verstrickt: Whitewater, „Travelgate“,

die Lewinsky-Affäre und viele mehr.

15

Vieles davon ist

Schnee von gestern, hatte nie viel Substanz oder mehr

mit Bill als Hillary zu tun, doch viele Wähler verbinden

den Namen Clinton grundsätzlich mit Skandal.

3. Irakkrieg

Hillary Clinton stimmte als Senatorin 2002 für den Irak-

krieg und verteidigte diese Entscheidung lange Zeit –

mittlerweile spricht sie von einem Fehler. Der linke Flü-

gel der Demokraten hat ihr das nie vergeben und auch

viele Wähler assoziieren sie, nicht ganz zu Unrecht, mit

einer interventionsfreudigen Außenpolitik.

4. Kontroversen im Außenministerium

Neben den Benghazi-Vorwürfen

16

und den Interessens-

konflikten zwischen Außenministerium und der Clin-

ton Foundation

17

hat Clinton vor allem ein Problem:

14 Vgl.

http://www.realclearpolitics.com/epolls/other/clinton_favorableunfavo-

rable-1131.html [Stand 11.09.2016].

15 Eine gute Übersicht bietet Ben Schreckinger: A Millennial’s Guide to the

Nineties, in: Politico Magazine, 01.01.2015,

http://www.politico.com/

magazine/story/2015/01/clinton-scandals-the-nineties-113905.html

[Stand 08.09.2016].

16 Vgl.

http://wpo.st/Orxw1

[Stand 08.09.2016].

17 Vgl.

http://wpo.st/vrxw1

[Stand 08.09.2016].

Sie betrieb als Ministerin einen privaten E-Mail-Server,

den sie auch für offizielle Kommunikation verwendete.

Das war ein Verstoß gegen Dokumentationspflichten

und Sicherheitsvorschriften, die FBI-Direktor James

Comey nach einer Untersuchung als zwar nicht straf-

rechtlich relevant, aber grob fahrlässig bezeichnete.

18

5. Mangelnde Transparenz – mangelndes Vertrauen

Clintons Reaktion auf Vorwürfe besteht zunächst in

Aussitzen und Abwiegeln; nur im Notfall macht sie

substantielle Angaben oder räumt Fehler ein. Clinton

ist kein Fan von Transparenz und hat eine Abneigung

gegen die Presse.

19

In dieses Muster passt auch ihr pri-

vater E-Mailserver im Außenministerium. Die Folge:

Bis zu 68 Prozent der Amerikaner halten Clinton nicht

für „ehrlich und vertrauenswürdig“ 

20

.

Manches von Clintons schlechtem Image mag ihrem

Geschlecht geschuldet sein. In ihrer langen Karriere hat

Clinton immer wieder die Grenzen für Frauen in der Politik

verschoben. Jetzt strebt sie nach dem höchsten Staatsamt,

das gefällt nicht jedem. Kontroversen, die bei männlichen

Politikern mit langer Karriere ganz selbstverständlich zum

Gepäck gehören, werden ihr länger und härter angekreidet.

Wenn schon das Remake von

Ghostbusters

mit weiblicher

Besetzung manche Männer auf die Barrikaden bringt, kann

man getrost davon ausgehen, dass der Geschlechterkampf

auch in der Politik noch nicht vorbei ist.

Obamas dritte Amtszeit? Clintons Themen und Positionen

Trump hat Clinton vorgeworfen, sie strebe effektiv Oba-

mas dritte Amtszeit an.

21

Da hat er weitgehend recht:

Zumindest innenpolitisch sind die Kontrahenten von

2008 Obama und Clinton mittlerweile auf einer Wellen-

länge. Clinton hat versprochen, die Politik Obamas zu ver-

teidigen und auszubauen. „Obamacare“ will sie bewahren

und verbessern, die Legalisierung unautorisierter Einwan-

derer weiter vorantreiben, Klimaerwärmung durch staat-

liche Regulierung und den Ausbau erneuerbarer Energien

bekämpfen. Wie Obama strebt sie eine Strafrechtsreform

an, die die teilweise exzessiven Haftstrafen für Drogen-

delikte senken und die überproportionale Inhaftierung

18 Vgl.

https://www.fbi.gov/news/pressrel/press-releases/statement-by-fbi-

director-james-b-comey-on-the-investigation-of-secretary-hillary-clin-

ton2019s-use-of-a-personal-e-mail-system [Stand 08.09.2016].

19 Vgl.

http://wpo.st/Psxw1

[Stand 08.09.2016].

20 Vgl.

http://wpo.st/Qqxw1

[Stand 08.09.2016].

21 Vgl. auch zu Clintons Positionen: Max Ehrenfreund: One important way

that Donald Trump is absolutely right about Hillary Clinton’s presidency,

Washington Post, 10.06.2016,

http://wpo.st/Oxxw1

[Stand 08.09.2016].