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Die Bayerische Verfassung in der Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs

Einsichten und Perspektiven 3 | 16

Hierbei komme ihm ein Einschätzungs-, Wertungs- und

Gestaltungsspielraum zu. Er könne daher zum Schutz der

Gesundheit vor Passivrauchen ein striktes Rauchverbot

verhängen oder aber ein Schutzkonzept wählen, bei dem

der Schutz der Gesundheit der Nichtraucher angesichts

der gegenläufigen Interessen der Raucher weniger streng

als mit einem absoluten Rauchverbot verfolgt wird.

In Anbetracht dieser Begründung ist es nicht überra-

schend, dass der Verfassungsgerichtshof auch eine weitere

Änderung des Gesundheitsschutzgesetzes nicht beanstandet

hat. Durch Volksentscheid vom 4. Juli 2010 wurden näm-

lich die Ausnahmen für Bier-, Wein- und Festzelte sowie

für den Nebenraum einer Gaststätte und getränkegeprägte

Kleingaststätten gestrichen, während gleichzeitig die Gel-

tung des Gesundheitsschutzgesetzes für alle Gaststätten im

Sinn des Gaststättengesetzes erhalten blieb. Seither gilt in

Bayern ein striktes Rauchverbot in Gaststätten ohne Aus-

weichmöglichkeit in die früheren „Raucherclubs“. Auch

diese Konzeption wurde mit der Popularklage angegriffen.

Wiederum hat der Verfassungsgerichtshof auf den Gestal-

tungsspielraum des Gesetzgebers verwiesen, der diesem die

Anordnung eines strikten Rauchverbots in Gaststätten ohne

Ausnahme für bestimmte gastronomische Bereiche erlaube.

Mit der Popularklage zum Verfassungsgerichtshof kön-

nen nur Rechtsvorschriften des bayerischen Landesrechts

angegriffen werden. Dazu gehören neben den bayeri-

schen Landesgesetzen und Rechtsverordnungen auch die

Rechtsvorschriften der kommunalen Gebietskörperschaf-

ten, also zum Beispiel die Bebauungspläne der Gemein-

den oder die Abfallgebührensatzungen der Landkreise. Zu

den überprüfbaren Regelungen des Landesrechts zählen

außerdem die Vorschriften der Bayerischen Verfassung

selbst. Der Verfassungsgerichtshof kann im Popularklage-

verfahren prüfen, ob einzelne Verfassungsbestimmungen

gegen höherrangige Grundrechtsnormen der Bayerischen

Verfassung verstoßen.

Hierzu folgendes Beispiel: Mit Volksentscheid vom 8. Feb-

ruar 1998 wurde der Gesetzentwurf des Volksbegehrens

zur Abschaffung des Senats vom Volk mehrheitlich ange-

nommen. Das Gesetz sah die Aufhebung der Art. 34 bis

42 der Bayerischen Verfassung und damit die Abschaffung

des Bayerischen Senats vor. Der Verfassungsgerichtshof

hatte zu entscheiden, ob diese Verfassungsänderung mit

der Bayerischen Verfassung vereinbar war.

Gastronomen und passionierte Raucher demonstrieren gegen das bayerische Rauchverbot auf der Leopoldstraße in München, 24. Januar 2011.

Foto: sz photo/Fotograf: Stephan Rumpf