7
Die Bayerische Verfassung in der Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs
Einsichten und Perspektiven 3 | 16
Organisation und Besetzung des Bayerischen
Verfassungsgerichtshofs
Der Verfassungsgerichtshof besteht beim Oberlandesge-
richt in München (Art. 68 Abs. 1 BV). Selbstverständ-
lich darf aus dieser Formulierung nicht gefolgert werden,
der Verfassungsgerichtshof sei Teil des Oberlandesgerichts
München oder dem Justizressort irgendwie unterstellt. Es
handelt sich nämlich nur um eine Anbindung rein orga-
nisatorischer Art, die es ermöglicht, dass der Verfassungs-
gerichtshof hinsichtlich der räumlichen Unterbringung,
des Büropersonals und der Sachausstattung auf die Mittel
des Oberlandesgerichts München zurückgreift. Als obers-
tes Verfassungsorgan ist der Verfassungsgerichtshof der
Staatsregierung gleichgeordnet; er untersteht keinem Mit-
glied der Staatsregierung.
Der Verfassungsgerichtshof besteht aus dem Präsi-
denten, 22 berufsrichterlichen Mitgliedern, 15 weiteren
Mitgliedern und deren Vertretern. Bei einem Gericht, das
so weit reichende Kompetenzen, damit aber auch eine so
große Verantwortung wie der Verfassungsgerichtshof hat,
kommt der Berufung der Richter grundlegende Bedeu-
tung zu. Die Bayerische Verfassung bestimmt, dass die
Verfassungsrichter vom Landtag gewählt werden (Art. 68
Abs. 2 und 3 BV); sie haben damit die notwendige demo-
kratische Legitimation.
Der Präsident und die berufsrichterlichen Mitglieder
des Verfassungsgerichtshofs werden vom Landtag auf die
Dauer von acht Jahren gewählt. Der Präsident des Ver-
fassungsgerichtshofs ist aus den Präsidenten der drei bay-
erischen Oberlandesgerichte München, Nürnberg und
Bamberg zu wählen. In der Vergangenheit war meist der
Präsident des Oberlandesgerichts München zugleich Prä-
sident des Verfassungsgerichtshofs. Dies ist auch derzeit
der Fall. So wird die Doppelbelastung durch beide Ämter
nicht noch durch das Pendeln zwischen zwei Städten
zusätzlich verschärft.
Die übrigen berufsrichterlichen Mitglieder müssen
Richter auf Lebenszeit an einem Gericht des Freistaates
Bayern sein. Die Berufsrichter sind also nur im Neben-
amt am Verfassungsgerichtshof tätig. Eine Ausnahme
bildet die Generalsekretärin, die als Vorsitzende Rich-
terin am Oberlandesgericht für die Tätigkeit am Ver-
fassungsgerichtshof freigestellt ist. Die übrigen Berufs-
richter stammen aus ganz Bayern und kommen nur zu
den mündlichen Verhandlungen und den Beratungen
in München zusammen. Hier besteht ein wesentlicher
Unterschied zum Bundesverfassungsgericht. Die Bundes-
verfassungsrichter sind im Hauptamt beim Bundesverfas-
sungsgericht tätig.
Einweiterer Unterschied zumBundesverfassungsgericht
liegt darin, dass an den Entscheidungen des Verfassungs-
gerichtshofs in bestimmten Verfahrensarten (zum Beispiel
bei den Verfassungsbeschwerden) auch nichtberufsrich-
terliche Mitglieder mitwirken. Diese werden jeweils vom
neuen Landtag nach seinem Zusammentritt für die lau-
fende Legislaturperiode entsprechend den Grundsätzen
des Verhältniswahlrechts gewählt. Ihre Zusammensetzung
spiegelt also das Stärkeverhältnis der Landtagsfraktionen.
Mitglieder des Verfassungs-
gerichtshofs dürfen nicht
dem Landtag, der Staats-
regierung oder einem ent-
sprechenden Organ des
Bundes oder eines anderen
Landes angehören. Damit
wird dem Grundsatz der
Gewaltenteilung Rechnung
getragen. Die nichtberufs-
richterlichen Mitglieder
sollen die Befähigung zum
Richteramt haben oder
Lehrer der Rechtswissen-
schaft an einer bayerischen
Universität sein; zwingende
Voraussetzung ist dies aber
nicht.
Spruchgruppe des Verfassungsgerichtshofs, in der Mitte der Autor
Foto: Dr. Tobias Igloffstein [September 2015]