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Eine soziale Plastik, die Lebensräume schafft: Das Grandhotel Cosmopolis in Augsburg
Einsichten und Perspektiven 4 | 17
Weg zu räumen. „Wir“, das sind nicht nur Wohlstands-
kinder, sondern auch Leute, die selber Fluchterfahrungen
gemacht haben und nun zum festen Stamm gehören.
Die Bewohnerinnen und Bewohner reagieren unter-
schiedlich auf die Situation im Grandhotel. Unterschiede
lassen sich oftmals damit erklären, ob jemand vorher in
einer städtischen oder ländlichen Umgebung gelebt hat.
Während solche, die vorher in Städten lebten, sich meis-
tens leichter dem Konzept des Grandhotels öffnen, haben
Geflüchtete, die aus integren dörflichen Familien kom-
men, oftmals Schwierigkeiten beim Ankommen. Auch die
Idee des Grandhotels an sich kann dem Einen näher lie-
gen als dem Anderen. Jemand, der in seinem Heimatland
in der Aktivistenszene tätig war, öffnet sich dem Konzept
des Cosmopolis leichter. Auch Themen wie „Upcycling“
- alle Hotelzimmer sind mit upgecycelten Möbeln aus
Wohnungsauflösungen eingerichtet - können Brücken
schlagen. Jemand, der aus einem wirtschaftlich prekären
Land stammt, will davon aber vielleicht nichts wissen.
LZ: Sie sprachen bereits von einem reichhaltigen Angebot.
Was erwartet die Gäste im Grandhotel?
Grandhotel Cosmopolis:
Unseren „Gast ohne Asyl“ er-
warten zwölf individuell von Künstlern gestaltete Dop-
pelzimmer mit Waschgelegenheit und weitere Vier-Bett-
Zimmer. Im Grandhotel hat der Einzelne mit seinen
unterschiedlichen Vorstellungen und Erwartungen die
Möglichkeit sich inspirieren zu lassen und dadurch die
Welt zu verändern.
Gemeinsames Essen
Bild: http://grandhotel-cosmopolis.
org/de/mitmachen/ [zuletzt aufge-
rufen am: 14.09.2017)
Es gibt laufend Projekte, die offen sind für alle. Beispiels-
weise finden gerade regelmäßige Drachenbau-Workshops
statt. Im Oktober werden dann alle Drachen beim „Gudi-
paran Bazi“, einer traditionellen afghanischen Herbstver-
anstaltung, fliegen gelassen. Es ist ein Fest für alle.
LZ:
Wie sehen Sie die Zukunft des Hotels und planen Sie,
weitere Angebote für die Gäste einzuführen?
Grandhotel Cosmopolis:
Wir bieten eine Vielzahl kul-
tureller Veranstaltungen, v.a. Lesungen und Konzerte an,
ebenso Workshops zu unterschiedlichen Themen. Dazu
kooperieren wir auch mit ähnlich gesinnten Institutionen
wie Stiftungen und Akademien.
Einen Export unseres Modells in andere Städte sehen
wir eher problematisch, da wir mit 20-25 Leuten nicht
grenzenlos expandieren können. Die Räumlichkeiten
würde es vielleicht geben, aber wir müssten den jeweili-
gen Ort erst kennenlernen, interagieren und uns einbrin-
gen. Es existieren ja bereits ähnliche Projekte in anderen
Städten, die wir auch aufmerksam und freundschaftlich
verfolgen.
LZ:
Danke für das Gespräch.
Das Interview führten Monika Franz, Uta Löhrer, Maria
Bäuml.