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Eine soziale Plastik, die Lebensräume schafft: Das Grandhotel Cosmopolis in Augsburg
Einsichten und Perspektiven 4 | 17
gute Beziehung ergibt sich nicht durch ein paar Infoaben-
de, sondern nur in einem längeren Prozess. Bereits unsere
Auftaktveranstaltung war sehr gut frequentiert. Man spür-
te das Bedürfnis der Menschen zu erfahren, was sich durch
die Gemeinschaftsunterkunft verändern würde. Dennoch
gab es in einem Fall konkrete Bedenken, ob die Gegend
durch die Gemeinschaftsunterkunft nicht unsicherer wer-
den würde. Insgesamt waren die Menschen aber aber dem
Projekt gegenüber sehr aufgeschlossen.
LZ:
Solch ein Projekt erwartet man eher in einer großen
Trendmetropole wie Berlin und nicht unbedingt in Augs-
burg. War die Ortswahl bewusst oder einfach einer lokalen
Verwurzelung der Gründer geschuldet?
Grandhotel Cosmopolis:
Prinzipiell ist so ein Projekt
überall möglich, weil es vom sozialen Engagement der
Beteiligten abhängt. Gleichzeitig muss man sich auch an
die örtlichen Gegebenheiten anpassen. Und dabei ist es
natürlich von Vorteil, wenn man selbst aus dem betreffen-
den Ort kommt und das Umfeld sowie die Gesellschaft
vor Ort kennt. Man ist dadurch nicht auf Vermittler an-
gewiesen.
Wir hatten viele Besuche und Anfragen über
unser Projekt, vor allem aus ländlichen Gegenden. Das
Grandhotel ist zum Vorbild für viele ähnliche Projekte
geworden, angepasst an die lokalen Unterschiede. Doch
nicht überall klappt es. In Berlin gibt es beispielsweise den
„Campus Cosmopolis“, der aus der Idee des Grandhotels
hervorgegangen ist. Mehrere Initiatoren hatten bei uns ein
Praktikum gemacht und haben dann das Projekt in Berlin
gestartet. Der Campus arbeitet in einem Umfeld, das von
einem hohen Konkurrenzdruck geprägt ist. Das Mitein-
ander der lokalen Aktivisten wird mehr durch kritische
Diskussionen, als durch Zusammenarbeit geprägt.
LZ:
Was waren die großen Herausforderungen bei der Ver-
wirklichung des Projekts?
Grandhotel Cosmopolis:
Zunächst einmal ging es um
die Finanzierung und die Umgestaltung der Räume, da-
mit diese den Anforderungen einer Gemeinschaftsun-
terkunft entsprechen. 2011 waren wir beim Projektstart
eine Gruppe von ungefähr 20 Personen. Um das Gebäude
überhaupt so weit umzugestalten, dass es sowohl unserem
Konzept, aber auch den Vorgaben einer Gemeinschafts-
unterkunft entsprach, haben wir zusammen mit einer gro-
ßen Zahl an Helferinnen und Helfern 100.000 freiwillige
Stunden in das heutige Grandhotel gesteckt und hierfür
regelmäßig Helfertage organisiert.
Bild aus: „Geschichten aus dem Grandhotel“, Augsburg 2016, S. 60.
Im Foyer des Grandhotels