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Eine soziale Plastik, die Lebensräume schafft: Das Grandhotel Cosmopolis in Augsburg
Einsichten und Perspektiven 4 | 17
Im Frühjahr 2017 präsentierte die Landeszentrale ihre neue Webseite „Auf der
Suche und unterwegs“ im Augsburger Grandhotel Cosmopolis. Im Sinne des
Grandhotels ist es ein Ort der Begegnung, für Menschen, die der integrierten
Flüchtlingsunterkunft von der Landesregierung zugeteilt wurden, für Gäste
in 16 von Expert*innen individuell gestalteten Hotel-und Hostelzimmern, für
Reisende aller Art. Es ist aber auch kosmopolitisch organisierter Küchenbetrieb,
interkultureller und intergenerationeller Treffpunkt in der Café-Bar sowie
Bühne für künstlerische Ausdrucksformen. Das Konzept, bei dem seit 2014
Geflüchtete mit Hotelgästen unter einem Dach leben, erklären die Gründungs-
mitglieder Stef Maldener und Susa Gunzler-Sattler im Interview.
LZ:
Das „Grandhotel Cosmopolis“ in Augsburg wurde zum
„ungewöhnlichsten Hotel Deutschlands“ (SZ) erklärt. Was
macht das Hotel so besonders?
Grandhotel Cosmopolis:
Das Grandhotel Cosmopolis ist
ein Ort, an dem Menschen unterschiedlicher Herkunft zu-
sammenkommen. Es ist kein gewöhnliches Hotel, sondern
verbindet eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber
mit Künstlerateliers und ergänzt diese mit gastronomischen
und kulturellen Angeboten, aber auch mit konkreten Un-
terstützungsangeboten zum Asylverfahren. Hier können
sich „Gäste mit und ohne Asyl“ begegnen. Darin liegt die
Besonderheit des Grandhotels. Es soll die Utopie eines of-
fenen Miteinanders auf Augenhöhe und ohne Unterschiede
verwirklichen. Alle Gäste sollen Teil einer sozialen Plastik
werden. So kann jeder zum ,,Hotelier“ werden.
LZ:
Was war der Anstoß für Sie und die anderen Gründer,
solch ein Projekt anzugehen?
Grandhotel Cosmopolis:
Wir wollten Künstlern tem-
poräre Räume zur Verfügung stellen. Dabei haben wir
von Anfang an die Idee verfolgt, Ateliers und Hotel mit
dem Thema Asyl zu verbinden. Da dieses Gebäude - we-
gen seiner ursprünglichen Konzeption als Altenheim -
ausreichend Platz bot, war unser Interesse daran schnell
geweckt. Als es dann hieß, dass hier Geflüchtete unter-
gebracht werden sollten, war für uns klar: Hier sind wir
richtig. Viele Künstler hatten ohnehin bereits zuvor per-
sönliche Kontakte zu Geflüchteten aufgebaut.
LZ: In ihrem Konzeptpapier vom November 2011 schrieben
Sie, mit Blick auf die Nutzung des Paul-Gerhardt-Hauses
als Flüchtlingsunterkunft: »Das Umfeld fürchtet dadurch
eine Abwertung des Viertels«. Wurde das Konzept inzwi-
schen angenommen?
Grandhotel Cosmopolis:
Uns war von Anfang an be-
wusst, dass es bei den Nachbarn Bedenken geben wird
und wir sie kontinuierlich einbeziehen müssen. Daher ha-
ben wir das Gespräch mit den Leuten gesucht, sie über
alle Abläufe informiert und sie eingeladen, sich selbst ein
Bild zu machen. Die Kontaktaufnahme war vielfältig;
durch Postkarten mit allgemeinen, aber trotzdem wichti-
gen Infos, durch das persönliche Gespräch zwischen Tür
und Angel oder mit Veranstaltungen im Grandhotel. Eine
Alle Comic-Bilder stammen aus: Geschichten aus dem Grandhotel, Augsburg
2016, hier S. 8.