Table of Contents Table of Contents
Previous Page  63 / 80 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 63 / 80 Next Page
Page Background

63

Eine soziale Plastik, die Lebensräume schafft: Das Grandhotel Cosmopolis in Augsburg

Einsichten und Perspektiven 4 | 17

Im Frühjahr 2017 präsentierte die Landeszentrale ihre neue Webseite „Auf der

Suche und unterwegs“ im Augsburger Grandhotel Cosmopolis. Im Sinne des

Grandhotels ist es ein Ort der Begegnung, für Menschen, die der integrierten

Flüchtlingsunterkunft von der Landesregierung zugeteilt wurden, für Gäste

in 16 von Expert*innen individuell gestalteten Hotel-und Hostelzimmern, für

Reisende aller Art. Es ist aber auch kosmopolitisch organisierter Küchenbetrieb,

interkultureller und intergenerationeller Treffpunkt in der Café-Bar sowie

Bühne für künstlerische Ausdrucksformen. Das Konzept, bei dem seit 2014

Geflüchtete mit Hotelgästen unter einem Dach leben, erklären die Gründungs-

mitglieder Stef Maldener und Susa Gunzler-Sattler im Interview.

LZ:

Das „Grandhotel Cosmopolis“ in Augsburg wurde zum

„ungewöhnlichsten Hotel Deutschlands“ (SZ) erklärt. Was

macht das Hotel so besonders?

Grandhotel Cosmopolis:

Das Grandhotel Cosmopolis ist

ein Ort, an dem Menschen unterschiedlicher Herkunft zu-

sammenkommen. Es ist kein gewöhnliches Hotel, sondern

verbindet eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber

mit Künstlerateliers und ergänzt diese mit gastronomischen

und kulturellen Angeboten, aber auch mit konkreten Un-

terstützungsangeboten zum Asylverfahren. Hier können

sich „Gäste mit und ohne Asyl“ begegnen. Darin liegt die

Besonderheit des Grandhotels. Es soll die Utopie eines of-

fenen Miteinanders auf Augenhöhe und ohne Unterschiede

verwirklichen. Alle Gäste sollen Teil einer sozialen Plastik

werden. So kann jeder zum ,,Hotelier“ werden.

LZ:

Was war der Anstoß für Sie und die anderen Gründer,

solch ein Projekt anzugehen?

Grandhotel Cosmopolis:

Wir wollten Künstlern tem-

poräre Räume zur Verfügung stellen. Dabei haben wir

von Anfang an die Idee verfolgt, Ateliers und Hotel mit

dem Thema Asyl zu verbinden. Da dieses Gebäude - we-

gen seiner ursprünglichen Konzeption als Altenheim -

ausreichend Platz bot, war unser Interesse daran schnell

geweckt. Als es dann hieß, dass hier Geflüchtete unter-

gebracht werden sollten, war für uns klar: Hier sind wir

richtig. Viele Künstler hatten ohnehin bereits zuvor per-

sönliche Kontakte zu Geflüchteten aufgebaut.

LZ: In ihrem Konzeptpapier vom November 2011 schrieben

Sie, mit Blick auf die Nutzung des Paul-Gerhardt-Hauses

als Flüchtlingsunterkunft: »Das Umfeld fürchtet dadurch

eine Abwertung des Viertels«. Wurde das Konzept inzwi-

schen angenommen?

Grandhotel Cosmopolis:

Uns war von Anfang an be-

wusst, dass es bei den Nachbarn Bedenken geben wird

und wir sie kontinuierlich einbeziehen müssen. Daher ha-

ben wir das Gespräch mit den Leuten gesucht, sie über

alle Abläufe informiert und sie eingeladen, sich selbst ein

Bild zu machen. Die Kontaktaufnahme war vielfältig;

durch Postkarten mit allgemeinen, aber trotzdem wichti-

gen Infos, durch das persönliche Gespräch zwischen Tür

und Angel oder mit Veranstaltungen im Grandhotel. Eine

Alle Comic-Bilder stammen aus: Geschichten aus dem Grandhotel, Augsburg

2016, hier S. 8.