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Eine soziale Plastik, die Lebensräume schafft: Das Grandhotel Cosmopolis in Augsburg
Einsichten und Perspektiven 4 | 17
rückgreifen. Natürlich gab es auch hier in der Zwischen-
zeit personelle Veränderungen. Das Cosmopolis steht
jedem offen. Zu dem bestehenden Stamm gesellen sich
regelmäßig - auch zu festen Tagen - Freiwillige aus der
ganzen Stadt und der Region. Neben den ehrenamtlichen
Kräften werden auch Personen beschäftigt. Derzeit gibt es
16 Arbeitsverträge, die vom Minijob bis zur Vollzeitstelle
reichen. Die Leistungen der Freiwilligen sind von großer
Bedeutung. Ohne diese wäre der Traum vom Grandhotel
ohnehin nicht verwirklichbar gewesen.
LZ:
Abgesehen von den Asylbewerbern, wer sind die Besu-
cher ihres Hotels?
Grandhotel Cosmopolis:
Unabhängig davon, ob mit
dem Stigma des Flüchtlings oder ohne, wird das Grandho-
tel von Menschen aus allen möglichen Gesellschafts- und
Bildungsschichten und Ländern frequentiert. Grundsätz-
lich steht das Haus jedem offen. Alle lassen sich von die-
sem besonderen Ort inspirieren.
LZ:
Sind das eher Einzelpersonen oder Familien und woher
kommen sie?
Grandhotel Cosmopolis:
Unsere Gäste, auch viele ,,Ho-
teliers“, kommen aus den unterschiedlichsten Staaten.
Die Bandbreite der Herkunftsländer reicht dabei einer-
seits von Afghanistan über den Senegal bis Myanmar/
Burma, andererseits von Israel oder Venezuela bis in die
USA. Das hat sich über die Jahre jedoch stark verändert.
In der Anfangszeit des Hotels hatten wir vier bis fünf
tschetschenische Familien, heute kommen die Gäste eher
aus afrikanischen Ländern.
Ein wichtiger Punkt ist, dass es nicht „den“ Geflüchteten
gibt. Die Menschen und ihre Beweggründe zur Flucht
sind zu unterschiedlich. Die Intensität der Fluchterlebnis-
se ist ebenfalls von Mensch zu Mensch verschieden.
LZ:
Bekanntermaßen gibt es in vielen Asylbewerberheimen
Probleme und Konflikte, vor allem in den Sammelunter-
künften. Ist dies bei Ihnen genauso oder macht die Unter-
bringung da einen entscheidenden Unterschied?
Grandhotel Cosmopolis:
Es ist doch klar, dass man
in einem „Heim“ kein Zuhause finden kann, das kann
nur eine vorübergehende Lösung sein. Das ist auch ein
Widerspruch für uns: Wir sind eigentlich grundsätzlich
gegen Sammelunterkünfte. Aber sie sind nun mal da,
und wir versuchen, alles dafür zu tun, dass die Menschen
hier in Würde und in den Bereichen, die nicht staatlich
eingeschränkt sind, in Selbstbestimmung leben können.
Wir arbeiten eng mit dem Heimleiter und der Asylsozi-
alberatung zusammen, um überflüssige Steine in einem
ohnehin schwierigen Umfeld für Asylbewerber aus dem
Bild aus: „Geschichten aus dem Grandhotel“, Augsburg 2016, S.31